Eine lebensgefährliche Schatzsuche

von Redaktion

VON CLAUDIA SCHURI

Fürstenfeldbruck – Zwei jungen Männer haben am Sonntagnachmittag in Fürstenfeldbruck an einem Seitenarm der Amper einen hochexplosiven Fang gemacht: Die beiden Magnetfischer zogen zwei Zündköpfe für Mörsergranaten aus Kriegszeiten aus dem Wasser (wir berichteten). Die 24- und 26-Jährigen alarmierten die Polizei und hatten großes Glück: Spezialkräfte des Bayerischen Landeskriminalamts konnten den Zünder entschärfen, niemand wurde verletzt.

Doch der Vorfall hätte auch anders ausgehen können. „Das Magnetfischen ist wahnsinnig gefährlich“, sagt Kampfmittelräumer Andreas Heil von der Firma Tauber, die in Bayern viele Entschärfungen vornimmt. Er warnt vor dem Hobby, bei dem Angler mit einem starken Magneten nach Schätzen und Unrat im Wasser suchen, und alles bergen, was an dem Magneten haften bleibt. Auch die Suche mit Sonden an Land solle man besser lassen, appelliert er. Doch immer mehr Menschen in Bayern verbringen ihre Freizeit damit – das ist zumindest sein Eindruck. „Seit Corona haben wir deutlich mehr Fälle, wahrscheinlich, weil die Leute mehr Zeit haben.“ Dabei sei die Wahrscheinlichkeit, nicht nur altes Eisen, sondern auch Sprengkörper zu finden, hoch. „Bayern ist munitionsbelastet“, erklärt Heil. „Nach dem Kriegsende wurden zum Beispiel viele Kampfmittel in den nächsten Bach geworfen.“

Noch immer könnte es leicht Explosionen geben. Durch den Magneten könnte die Zündung sogar noch leichter ausgelöst werden. „Die Munition wird unberechenbar“, sagt der Experte. „Sie wurde hergestellt, um zu vernichten, zerstören und zu töten – und das macht sie noch immer.“

Die Polizei warnt ebenfalls: „Es war nur ein Zufall, dass in Fürstenfeldbruck nichts passiert ist“, betont Michael Graf, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord. Das Magnetfischen habe es zwar schon immer gegeben, werde jetzt aber zunehmend beliebter. „Das liegt vielleicht auch daran, dass jeder über das Internet starke Magnete günstig bestellen kann“, vermutet er. Messer, Pistolen, Granaten – Magnetfischer holten schon viele gefährliche Gegenstände aus dem Wasser. „Glücklicherweise gab es in unserem Bereich bis jetzt noch keine schweren Unfälle“, sagt Graf

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Der Magnet wirbelt Sedimente auf, die sich am Gewässergrund festgesetzt haben und auch Schadstoffe wie ausgetretenes Munitionspulver alter Kriegswaffen erhalten können. So gelangen diese Stoffe wieder in den Wasserkreislauf und belasten die Umwelt. Außerdem können Pflanzen und Tiere geschädigt werden.

Auch viele Fischereivereine sind deshalb wenig begeistert von dem Trend. „Der Boden wird aufgewirbelt“, erklärt Thomas Funke vom Landesfischereiverband Bayern. „Das kann die Fische aufschrecken und für sie gefährlich sein.“ Er betont: „Magnetfischen hat nichts mit dem normalen Fischen zu tun.“

Deshalb dürfen auch Angler, die eine Berechtigung zum Fischen in einem Gewässer haben, nicht automatisch auch Magnetangeln. „Diese Technik wird vom Bayerischen Fischereigesetz nicht umfasst“, heißt es von der Polizei. Denn gemäß dem Wasserhaushaltsgesetz brauchen Magnetfischer eine Genehmigung vom Landratsamt. Sich einfach eine Angel und einen Magneten kaufen und damit auf die Suche gehen, ist verboten. „Bei Verstößen kann es Geldbußen von bis zu 50 000 Euro geben“, sagt Polizeisprecher Michael Graf.

Auch für die beiden Magnetfischer aus Fürstenfeldbruck könnte der Sonntagsausflug noch Folgen haben: Sie müssen mit einer Ordnungswidrigkeitsanzeige rechnen.

Artikel 1 von 11