Passau – Genau genommen ist die Meldung von den infizierten Wildenten im Landkreis Passau noch keine Schreckensbotschaft – denn sie beinhaltet eine gute Nachricht. Die lautet: Das bayerische Wildtiermonitoring funktioniert. Es wurde genau zu diesem Zweck eingeführt, damit man den Erreger des „aviären Influenzavirus“, der Geflügelpest, bei Wildtieren nachweisen kann, bevor er Nutztiere erreicht hat. Und das ist offenbar gelungen: „Wir haben die Geflügelpest erkannt, bevor sie unsere Nutzgeflügelbestände erreichen konnte“, sagt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber.
Bei diesem Wildtiermonitoring werden Tiere, die als gesund gelten, erlegt und auf das Virus der „Vogelgrippe“, wie sie im Volksmund heißt, untersucht. Nur so kann man früh erkennen, ob es sich unter den Wildtieren weiter ausbreitet; denn bei ihnen verläuft die Erkrankung meist völlig harmlos. Das Virus nutzt die Wildtiere wohl als Überträger; viel stärker gefährdet sind unsere Nutztiere, denn bei ihnen liegen die Sterberaten teilweise sogar bei hundert Prozent.
Und so sind die bayerischen Geflügelzüchter in Habachtstellung. „Wir werden unsere Sicherheitsmaßnahmen auf 150 Prozent hochfahren“, sagt Bernd Adleff, Vorsitzender des Landesverbands der Bayerischen Geflügelwirtschaft. Darauf waren sie allerdings schon vorbereitet, denn, so Adleff, „jeder, der weiß, wie sich Zugvögel bewegen, konnte mit dieser Nachricht rechnen“. Das Virus hatte sich in den vergangenen Wochen in Norddeutschland ausgebreitet und Zugvögel kommen im Herbst aus nördlicheren Gebieten nach Bayern. Trotzdem: „Angst hat man immer“, gesteht Adleff.
Denn: „Die Agrarmärkte beim Geflügel liegen wegen der Corona-Krise ohnehin schon am Boden“, sagt Markus Drexler vom Bayerischen Bauernverband; im Sommer sind etwa die Volksfeste und somit der Hendl-Verzehr weggebrochen. „Und die Geflügelpest, das ist jetzt die nächste Hiobsbotschaft.“
Für den Bereich Passau und Rottal am Inn sind nun schon Stallpflichten geplant. „Je schneller und konsequenter alle die nötigen Maßnahmen umsetzten, desto einfacher können wir die Geflügelpest eindämmen“, erklärt der Passauer Landrat Raimund Kneidinger (CSU). „Natürlich bringt diese Stallpflicht große Herausforderungen für Tierhalter mit sich, ist aber das wirksamste Mittel, um eine Ausbreitung der Geflügelpest auf die Nutztierbestände zu verhindern.“
Diese Stallpflicht gilt auch für private Geflügelhalter. Hühner im eigenen Garten zu halten, ist gerade während der Coronakrise zu einem weit verbreiteten Hobby geworden. Deshalb warnt Adleff: „Diese Privatleute haben eine Verantwortung gegenüber den größeren Betrieben, die unsere Lebensmittel erzeugen“. Denn wenn bei einem privaten Hühnerhalter ein Fall von Geflügelpest auftritt, „muss im Umkreis von drei Kilometern alles gekeult werden“, erklärt Adleff. Alles. Wenn es also in diesem Umkreis zufälligerweise einen Geflügelzüchter mit tausend Tieren gibt, müssen auch sie alle getötet werden. „Deswegen können private Züchter ein Riesenproblem sein“, sagt Adleff. Auch, weil manche wenig über Seuchenschutzmaßnahmen wissen. Die Anmeldung der kleinen Hühnerzucht beim Veterinäramt ist deshalb Pflicht, betont er. Dort gebe es auch Informationen zum Infektionsschutz.
Und was wird aus der Weihnachtsgans? Um genau die bangt Adleff nun. „Die Weihnachtsgänse sind am meisten gefährdet, denn sie werden oft nur im Freien gehalten.“ Für sie sind also gar keine Ställe vorhanden, die Tiere dann vor dem Kontakt mit Wildvögeln zu schützen, wird extrem schwierig. Es heißt also Daumen drücken, dass das Virus sich nicht weiter ausbreitet – im Sinne der Züchter und im Sinne des Weihnachtsmahls.