Viel Kritik an den verfrühten Ferien

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Bayerns Schüler haben heuer voraussichtlich zwei Ferientage zusätzlich. Statt am 22. Dezember endet die Schule schon am 18. Dezember. „Das Infektionsrisiko wird durch die fast einwöchige Karenzzeit zwischen Schulunterricht und Weihnachten erheblich gesenkt, damit Familien gesund und unbeschwerter feiern können“, schrieb Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstagmorgen auf Twitter. Er war nicht der Erste – schon am Montagabend war Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vorgeprescht. Weitere Bundesländer folgten im Laufe des Dienstags. Das Kanzleramt nannte in einem vorläufigen Papier gestern sogar den 16. Dezember als Ferienstart. Das scheint aber vom Tisch zu sein. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (FW) erweckte nicht den Eindruck, als stehe er mit Feuer und Flamme hinter der Entscheidung. Studien belegten, „dass Schulen keine Infektionsherde sind“, sagte er. Er stehe zur Hotspot-Strategie, Schulen erst dann zu schließen, wenn sie in Orten mit hohem Infektionsgeschehen liegen. Sein Ziel sei es, die Schulen möglichst lange offen zu halten. Präsenzunterricht sei besser als alles andere, nur vor Ort in den Schulen finde soziale Interaktion statt und werde Chancengerechtigkeit am besten verwirklicht.

Bei einer Pressekonferenz am Dienstag blieb der Minister bei den Details zur Ferien-Entscheidung vage. Zum Beispiel bei der Betreuungsfrage: „Warum fragt keiner mal die berufstätigen Mütter und Väter, wie die längere Ferien finden“, meinte Kathrin Alte, Bürgermeisterin von Anzing (Kreis Ebersberg), auf Facebook. Es werde eine „Notbetreuung“ geben, sagte Piazolo. Er sprach auch von einer „Dienstpflicht“ von Lehrern, ließ aber offen, ob damit alle gemeint sind oder nur die, die Kinder betreuen müssen.

Mancher Schulleiter draußen auf dem Land versteht die Welt nicht mehr: „Wieso macht man dann nicht zwei Distanz-Lerntage draus? Wir wollen arbeiten und Schule machen. So wird nur wieder das Narrativ vom faulen Lehrer und von der Schule, die nur in Präsenz möglich ist, befeuert“, schrieb der Chef der Realschule am Tegernsee, Tobias Schreiner, auf Twitter. Auch hier blieb Piazolos Auskunft eher spärlich: „Die Frage ist, wie effektiv das dann ist“, sagte er.

„Ich bin überrascht“, bekannte Michael Schwägerl, Chef des Bayerischen Philologenverbands. Noch vor zwei Wochen beim Schulgipfel mit Eltern- und Lehrer-Vertretern sei das kein Thema gewesen. Ein „sorgloses Freizeitverhalten“ der Kinder könnte „die angestrebte Kontaktreduzierung unterlaufen“, meinte Schwägerl. Wichtiger für den Gesundheitsschutz sei es, flächendeckend Raumlüfter zu beschaffen und FFP2-Masken.

Während die SPD die Entscheidung für längere Ferien gut findet und nur eine gute Notbetreuung anmahnt, kritisieren die Grünen den Kultusminister scharf. „Er ist fachlich eine Riesenenttäuschung“, befand die Schulpolitikerin Anna Toman. Ihr Vorschlag: Statt Schulschließungen lieber ein Wechselmodell für alle Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe. Söder plant in diese Richtung. Heute soll es beim Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten eine einheitliche Linie geben. Der Entwurf sieht ein Wechselmodell bei höherer Inzidenz vor.

Den vorgezogenen Weihnachtsferien steht Toman kritisch gegenüber. „Mit gut organisiertem Distanzunterricht hätten Bayerns Schulen auch diese zwei Tage noch qualitätsvoll überbrücken können.“

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