„In diesem Jahr ist alles anders.“ Diesen Satz kann man nur noch schwer hören. Ja, es ist ein mühsames Jahr. Aber davon gibt es in manchem Leben eine ganze Reihe. Wie oft war es schon so, dass der Advent beginnen sollte, eine heilige, „hyggelige“, stade Zeit, in der es wohltuend beschaulich und herrlich aufregend zugleich sein kann. Und dann musste man sich mit elenden Nöten herumschlagen, auf die man überhaupt nicht eingestellt war.
Also nichts Neues, nur, dass es diesmal alle trifft. Wichtiger als das zu bejammern ist, etwas für das Wohlbefinden zu unternehmen. Partnerschaften und Familien brauchen Riten und Rituale. Sie brauchen Symbole, um Leben auch in der Krise zu gestalten. Und diese Symbole gibt es – Corona hin oder her. Man denke nur an den Adventskranz. Wie ein Kreis ohne Anfang und Ende ist er Sinnbild für die Ewigkeit.
Das Grün seiner Zweige ist Zeichen für Leben in einer Zeit, in der vieles tot, erstarrt zu sein scheint. Grün drückt die Hoffnung aus, dass Neues im Werden ist. Weiße Kerzen sind Symbol für Auferstehung, die man mitten im Leben auch schon gut gebrauchen kann. Rote betonen Leben voller Liebe und Zuwendung, lilafarbene die Verbindung von Himmel und Erde. Jetzt, wo die Tage kurz und dunkel sind, „leuchten“ solche Lebenszeichen ein.
Ach, und ein Adventskalender! Verlockend, alle Türchen auf einmal aufzumachen und zu sehen, was kommt. Oder besser nicht? Spannung aushalten ist schwer. Vielleicht kommt ja neue Unbeschwertheit irgendwann zurück… Man kann anfangen, eine Krippe aufzubauen. Zuerst kommt ein Engel, der einem Propheten oder einer Prophetin weissagt. Drumherum können schon Schafe stehen. Neugierige Kinder passen gut in die Szenerie.
Dann die Verkündigung an Maria. Noch ein Engel. In der Ferne vielleicht Hirten. Was man halt so hat. Ich versuche, jedes Jahr eine Figur in die Krippe zu stellen, die mir im Lauf des Jahres in Menschengestalt eindrücklich begegnet ist. Das war schon einmal eine Witwe, ganz in Schwarz und ein Junge mit Behinderungen. Ein Mann gramgebeugt, eine Frau, die ein fröhliches kleines Mädchen auf seinem Weg sicher geleitet.
Es ist nicht alles anders. Meinen Adventskranz habe ich mir dieses Jahr wieder aus der Gärtnerei in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim geholt. Der Adventskalender kommt, wie gewohnt, von meinem Mann und ist eine Überraschung. Und die Figur? Am besten ein neuer Engel. Oder Heerscharen von Engeln, damit tatsächlich manches noch anders, besser wird, als es jetzt ist.
* Die frühere evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler ist Vorsitzende des Ethik-Rates. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen.