Rückenwind für klagende Polizisten

von Redaktion

VON CLAUDIA SCHURI UND BRITTA SCHULTEJAN

München – Als er die Nachricht gelesen habe, sei er „erschüttert“ gewesen, sagt Christian Boenisch, Geschäftsführer des Regionalverbands München/Oberbayern des Arbeiter-Samariter-Bunds (ABS). In dem Bericht ging es um Polizisten, die sich gegen einen Bescheid des Landesamtes für Finanzen wehren, dass ihre Corona-Infektion nicht als Dienstunfall anerkannt wird. Mehrere Beamte wollen deshalb vor Gericht ziehen. Auch die Witwe eines mit dem Virus gestorbenen Polizisten, der am Flughafen München gearbeitet hatte, geht gegen die Entscheidung vor, die Infektion nicht als Dienstunfall zu werten.

„Es kann nicht sein, dass eine Witwe individuell etwas durchsetzen muss, das uns alle angeht“, ärgert sich Boenisch. „Das ist gerade das absolut falsche Zeichen.“ Deshalb schrieb er einen offenen Brief an Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Es darf nicht sein, dass die Folgen einer Corona-Infektion individualisiert werden“, fordert er darin. Wer in einem Beruf der Daseinsvorsorge arbeite, dürfe nicht allein gelassen werden. „Von daher solidarisieren wir uns mit der Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft nach Anerkennung der Corona-Infektion in den Berufen der Daseinsvorsorge als Dienstunfall“, heißt es in dem Schreiben. Eine vergleichbare Regelung brauche es zudem für Mitarbeiter in Wohlfahrtsverbänden wie zum Beispiel Pfleger oder Sanitäter. „Die Mitarbeiter arbeiten monatelang unter erschwerten Bedingungen“, sagt Boenisch. „Sie brauchen Solidarität und Sicherheit.“

Das fordert auch der Malteser Hilfsdienst. „Wir sehen es ähnlich wie die Kollegen“, sagt Sprecher Wilhelm Horlemann. „Es herrscht eine große Unsicherheit. Auch was die Langzeitfolgen angeht, ist es besser, wenn die Infektion als Dienstunfall gewertet wird.“ Die Entscheidung würde letztlich die Berufsgenossenschaft treffen.

Doch das Problem ist: Die Beweispflicht liegt beim Arbeitnehmer. „Bei einer Corona-Infektion ist es natürlich schwierig, nachzuweisen, wo genau man sich infiziert hat“, sagt Sohrab Taheri-Sohi, Pressesprecher beim Bayerischen Roten Kreuz. Ein Beispiel: Eine ambulante Pflegekraft behandelt einen Patienten, der im Nachhinein positiv auf das Virus getestet wird, und erkrankt später selbst. „Dann ist naheliegend, dass sie sich im Dienst angesteckt hat“, erklärt er. In so einem Fall hofft er auf ein Entgegenkommen der Kommunalen Unfallversicherung Bayern (KUVB) „Wir hoffen und gehen auch davon aus, dass die KUVB kulant reagiert“, sagt Taheri-Sohi.

Laut der KUVB wird eine Covid-19-Erkrankung als Berufskrankheit gewertet, wenn „die erkrankte Person im Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war oder durch eine andere Tätigkeit in ähnlichem Maße infektionsgefährdet war“. Bei einer Ansteckung außerhalb dieser Bereiche könne die Erkrankung als Arbeitsunfall eingestuft werden. Die Voraussetzung: „Die Infektion muss auf eine nachweislich mit dem Virus infizierte Person zurückzuführen sein“, sagt Sprecher Eugen Maier. Es müsse einen intensiven Kontakt mit dieser Person gegeben haben. Im Einzelfall könne eine größere Anzahl Infizierter in einem Betrieb als Nachweis ausreichen.

Bei infizierten Beamten wie den Polizisten ist der Freistaat zuständig. Das Innenministerium erklärt, es habe „beim zuständigen Finanzministerium nachdrücklich um eine erneute Prüfung der Haltung zur Anerkennung von Infektionen mit Sars-CoV-2 als Dienstunfälle gebeten.“ Wann sich das Verwaltungsgericht mit dem Thema befasst, ist allerdings noch unklar.

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