Liturgiewissenschaftler fordert: „Die Kirche muss jetzt kreativ werden“

von Redaktion

Der Liturgiewissenschaftler Martin Stuflesser hat in einigen Bistümern Ideenwerkstätten zu Weihnachten in Corona-Zeiten veranstaltet. Er berichtet, wie trotz Pandemie gefeiert werden könnte:

Weihnachten in Corona-Zeiten – wie nehmen Sie diese Debatte wahr?

Mir fällt schon die Sprache auf. Oft wird von der dunklen Zeit geredet, durch die wir gehen müssen. Am Ende ist das helle Licht Weihnachten. Ich finde es riskant, wie Weihnachten zur Bekämpfung der Pandemie instrumentalisiert wird. Nach dem Motto: Wenn Ihr nicht brav seid, dann nehmen wir Euch Weihnachten.

Aber spiegelt sich da nicht auch die Bedeutung von Weihnachten für die Gesellschaft wider?

Ja. Aber es geht darum, es richtig zu machen – ganz im Gegensatz zu Ostern, wo viele Dinge falsch gelaufen sind. Nicht auszudenken, was wäre, wenn die Menschen an Weihnachten an geschlossenen Kirchentüren rütteln müssten.

Aber das kann ja passieren…

Das stimmt. Die Sorge, dass dann nur die angemeldeten Besucher zur Christmette dürfen, ist da. Aber fünf Christmetten hintereinander wären nicht zu leisten. Abgesehen davon ist ja gerade wegen der Aerosole der Gesang schwierig. Doch „Stille Nacht“ und „Oh Du Fröhliche“ machen ja die Feiern an Weihnachten aus. Mein Rat ist: Weihnachten muss liturgisch vielfältiger werden.

Was schlagen Sie konkret vor?

Ich kann mir kurze, 20-minütige Feiern im Freien vorstellen. Die Weihnachtsgeschichte wird gelesen und kurz ausgelegt. Fürbitten gehören auch dazu. Den Menschen würde ich drei Kerzen mitgeben, eine für sich und die zwei anderen, um sie vor die Türen der Nachbarn zu stellen. Und natürlich: „Stille Nacht“ oder „Oh Du Fröhliche“. Aber das wäre nur ein Angebot von vielen. Kirche muss in der Situation kreativ sein. Denkbar sind auch Hausgottesdienste. Meine Mutter ist alleinstehend, ihre evangelische Nachbarin auch. Was spricht dagegen, dass die beiden zusammen einen Glühwein trinken und die Weihnachtsgeschichte lesen?  kna

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