Nürnberg – Im vergangenen Jahr hat eine Jury Benigna Munsi zum Nürnberger Christkind gewählt. Schnell wurde sie von der AfD angefeindet – ihr Vater kommt aus Indien, sie ist in Nürnberg geboren. Die mittlerweile 18-Jährige nahm die scharfe Kritik gelassen und freute sich auf ihre Aufgaben. Nun hat das Coronavirus ihrer zweiten Amtszeit einen Strich durch die Rechnung gemacht – kein Nürnberger Christkindlesmarkt, keine öffentlichen Termine. Munsi erzählt im Interview, wie sie die Vorweihnachtszeit verbringt, was sie am meisten vermisst und wo sie, trotz Pandemie, noch Christkind sein kann.
Frau Munsi, wie haben Sie erfahren, dass Sie dieses Jahr nicht als Nürnberger Christkind auftreten?
Es wurde ja zuerst der Markt abgesagt und erst später die Termine, da wir ja noch die Hoffnung hatten, dass sie stattfinden können. Als dann klar war, dass dieses Jahr alles ausfällt, hat mich meine Betreuerin angerufen.
Wie haben Sie reagiert?
Als der Anruf kam, war ich gerade bei meinem Sprechcoach. Wir üben immer zusammen den Prolog. Dass der Markt abgesagt wird, kam nicht besonders überraschend. Ich habe mich natürlich gefragt, wie die Vorweihnachtszeit dieses Jahr aussehen wird und mir Gedanken gemacht. Ich bin deshalb nicht komplett zusammengebrochen, traurig war es aber schon. Doch mich hat es, im Vergleich zu den Standbetreibern, nicht so hart getroffen.
Wie würde Ihr Alltag gerade ohne Corona aussehen?
Eigentlich hätte ich ab dem 27. November bis zum 24. Dezember um die 170 bis 180 Termine in karitativen und sozialen Einrichtungen und wäre jetzt natürlich auf dem Weg zu den Leuten.
Und was machen Sie jetzt?
Jetzt bin ich gerade in Passau, ich studiere hier Schauspiel. Der Unterschied zum letzten Jahr ist, dass ich keine Termine habe, sondern nur die Telefonsprechstunde. Dort komme ich mit den Menschen in Kontakt.
Wie genau läuft das ab?
Normalerweise haben die Besucher des Christkindlesmarktes vier Mal die Woche Zeit, mit mir zu reden und ins Gespräch zu kommen, Mit der Telefonsprechstunde soll das trotzdem möglich sein – in einem gewissen Maß. Überwiegend rufen Kinder an und erzählen mir ihre Wünsche, aber ich habe mich auch schon mit Erwachsenen unterhalten. Noch hält sich der Andrang zwar in Grenzen, aber mit jeder Sprechstunde werden es mehr Gespräche.
Wie sind Sie zu erreichen?
Die Telefonsprechstunde findet immer montags und mittwochs von 15 bis 16 Uhr statt. Ich bin unter der Nummer 0911/23 12 37 77 als Christkind zu erreichen.
Gibt es noch weitere Momente, in denen Sie in die Rolle des Christkinds schlüpfen?
Ja, die gibt es, wenn auch nur wenige. Ich werde wieder einen Auftritt bei der BR-Sendung „Sternstundengala“ haben und auch in ein paar anderen Fernsehsendungen. Öffentliche Termine gibt es aber keine, weil wir Ansammlungen vom Menschen vermeiden wollen.
Was vermissen Sie besonders?
Ich glaube, den direkten Kontakt mit den Menschen. Wenn ich mit den Leuten zusammen bin, ihnen zuhöre oder wir reden.
Das Nürnberger Christkind wird immer für zwei Jahre gewählt. Das bedeutet, dass das Ihr letzter Winter ist. Wird Ihre Amtszeit um ein Jahr verlängert?
Meine Amtszeit wird nicht verlängert. Die Stadt hat beschlossen, dass alle zwei Jahre neu gewählt wird, das ändert sich nicht. Es gibt ja auch eine Altersgrenze von 19 Jahren. Wenn ich jetzt noch ein weiteres Jahr Christkind wäre, könnten sich Mädchen, die nächstes Jahr 19 werden, in der kommenden Periode nicht mehr bewerben. Das wäre unfair.
Können Sie die Entscheidung nachvollziehen?
Auf jeden Fall. Natürlich ist es traurig, aber ich bin ja nach der Amtszeit noch als Auslands-Christkind unterwegs.
Was genau macht das Auslands-Christkind?
Ich reise als Botschafterin der Weihnachtsstadt Nürnberg in andere Länder. Wir werden jedes Jahr in die USA nach Philadelphia und Baltimore eingeladen. Dort eröffnet das Christkind mit einer englischen Version des Prologs den Weihnachtsmarkt. Auch in Brüssel habe ich einen Auftritt.
Wie verbringen Sie dieses Jahr Weihnachten?
Ich bin mit meinen Eltern und meinen Geschwistern zu Hause in Nürnberg. Vor der Bescherung machen wir zusammen Musik und genießen die gemeinsame Zeit.
Interview: Laura Forster