Grüne fordern regulären Islamunterricht

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München/Kelheim – Atilla Saban ist Lehrer für Islamkunde im Landkreis Kelheim, der 50-Jährige unterrichtet an drei Grundschulen und einer Mittelschule. „Wir machen keinen Koran-Unterricht und wir sind keine Koran-Schule“, betont er. Werte-Vermittlung stehe im Vordergrund, auch Inhalte anderer Religionen würden gelehrt. Ostern, das Weihnachtsfest – auch das lernen muslimische Kinder bei Lehrer Saban. „Die Akzeptanz des Faches ist sehr hoch“, berichtet der Lehrer, der auf Deutsch unterrichtet – denn seine Kinder haben teils bosnische Wurzeln, teils sind sie in der Türkei geboren. Er schätzt, dass an den Schulen bis zu 90 Prozent der muslimischen Kinder das Wahlfach besuchen. Einige wenige Schüler gehen lieber in Ethik.

Bayern war einst Vorreiter bei der Einführung der Islamkunde. Obwohl noch offiziell als „Modellversuch“ eingestuft, ist der Unterricht mittlerweile flächendeckend in ganz Bayern möglich. 364 Schulen – überwiegend Grund- und Mittelschulen – bieten ihn an. Nur vier Realschulen und drei Gymnasien sind beteiligt, an diesen weiterführenden Schularten gehen muslimische Kinder überwiegend in Ethik.

Heute endet eine Anhörung des Kultusministeriums, das intern berät, wie es mit dem Unterricht weitergeht. Die Grünen im Landtag fordern per Antrag, in ganz Bayern einen konfessionell gebundenen islamischen Religionsunterricht einzuführen – analog zum katholischen und evangelischen Religionsunterricht.

Das allerdings ist schwierig. Denn: Eine zentrale religiöse Anlaufstelle, vergleichbar mit dem Erzbistum München und Freising und seiner Schulabteilung, gibt es für die Islamlehrer nicht. Also gibt es auch keine allgemein-gültigen religiösen Inhalte. Die religionspolitische Sprecherin der Grünen, Gabriele Triebel aus Landsberg, schlägt daher vor, eine Stiftung „Islamischer Schulrat in Bayern“ einzurichten. In den Schulrat sollten verbandsunabhängige Experten berufen werden, die „einvernehmlich“ von islamischen Verbänden und dem Bayerischen Landtag berufen werden sollten. Eine Einstufung der Islamkunde nur als „Wahlpflichtfach ohne bekenntnisorientierte Inhalte“ oder gar als „erweiterten Ethikunterricht“ hält Triebel für ungenügend. Es sei unbedingt zu vermeiden, dass sich der Staat zu stark in Lehrinhalte des Faches einmische, weil das die Akzeptanz untergrabe. Als Beleg zitiert Triebel das Protokoll einer Sitzung eines Expertenrats, der im September in Erlangen tagte – an den dortigen Schulen wird die Islamkunde schon lange angeboten. Allen sei bewusst, so heißt es, dass „immer noch ein Ansprechpartner bzw. eine anerkannte Religionsgemeinschaft aus muslimischer Seite fehlt“. Dennoch müsse verhindert werden, dass der Unterricht „zu einem gänzlich staatlich kontrollierten Wahlpflichtfach“ werde. In irgendeiner Weise müssten islamische Akteure „beratend mitbestimmen“.

Ob es dazu kommt, ist indes fraglich. Das Ministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet und bereitet einen Beschluss für den Ministerrat vor – dann würde der Unterricht ab dem Schuljahr 2021/22 als „Wahlpflichtfach“ angeboten. Das bedeutet, dass ihn jede Schule anbieten muss. Ein reguläres Schulfach allerdings wäre das nicht – noch nicht.

Auch Lehrer Saban hält es „zurzeit“, wie er betont, für utopisch, diesen Schritt zu gehen. Atilla Saban stammt aus der Türkei, wurde dort auch Religionslehrer. Indoktrination liege ihm fern, sagt er. Der Lehrer hat Fortbildungen an der staatlichen Akademie in Dillingen besucht, eine Beeinflussung etwa durch die regimetreue Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion – unter dem Kürzel Ditib bekannt – bestreitet er. „Die Kollegen würden sich das nicht gefallen lassen.“

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