München – „Bitte entschuldigen Sie … Beim Laden der Seite ist leider etwas durcheinander geraten. wir ordnen das schnell für Sie. Bitte versuchen Sie es in wenigen Minuten erneut“ – es gibt wohl kaum einen Schüler, der am Mittwochvormittag beim Start von Mebis nicht mit diesen salbungsvollen Worten abgespeist worden wäre. Erneut war die störanfällige Lernplattform Mebis seit 7.45 Uhr nur eingeschränkt erreichbar – und das ausgerechnet zum Beginn des schulischen Lockdowns.
Auch nach erfolgreichem Einloggen wurden Wartezeiten von bis zu 15 Minuten angezeigt. Und wer schließlich „drin“ war, der musste damit rechnen, schnell wieder aus dem instabilen System zu fliegen. Mancher Schüler vertrödelte damit den Vormittag.
Die Ursache könnte ein Caching-Fehler sein, wie das Kultusministerium erklärte. Ein Cache dient als Hochgeschwindigkeitsspeicherebene, wenn Daten schnell bereitgestellt werden müssen. Diese Art Zwischenebene ist wie schon in der Vorwoche wohl kollabiert. Die Mebis-Panne ist ein neuer Tiefschlag in einer pannenreichen Woche. Am Montag war zum Erstaunen, wenn nicht Entsetzen vieler Lehrer und Eltern der eigentlich geplante Digitalunterricht für alle abgesagt worden – er ist nur für Abschlussklassen und Berufsschulen bis Freitag Pflicht. Alle anderen Schüler können freiwillig den Schulstoff vertiefen – und das wollten offenbar zu viele mit Hilfe der klapprigen Lernplattform. Dabei hatte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) noch vergangene Woche angeordnet, dass Lehrer Mebis am Vormittag nicht nutzen, sondern ihre Materialien schon am Vorabend einstellen. Auch diese Entlastungsmaßnahme hat gestern nicht geholfen. So blieb dem Minister nichts anders übrig, als sein Unverständnis über die Pannen im eigenen Haus zu zeigen. Die Aussetzer seien „für mich nicht akzeptabel“. Er gehe davon aus, dass es nach Weihnachten Wechselunterricht geben werde. „Bis dahin wird es für die Schulen, die Mebis nutzen, eine Lösung geben.“ Auf Nachfrage verwies das Ministerium auf „verschiedene digitale Kommunikationswerkzeuge, wie zum Beispiel MS Teams, andere Videokonferenztools, aber auch Cloud-Lösungen“.
Nicht nur von der Landtags-Opposition, auch vom Koalitionspartner kassierte Piazolo harsche Kritik (siehe Titelseite). Klar ist allerdings: Bei der Konzeption von Mebis in den Jahren seit 2012 war nie daran gedacht, dass es nahezu alle Schulen gleichzeitig nutzen. Seit März werde nachgerüstet, verteidigt sich das Ministerium. Statt sechs gebe es nun 28 Server. Die Leistungsfähigkeit habe sich verzehnfacht. Das Kultusministerium leistet sich einen ganzen Mitarbeiterstab. 16 Voll- und Teilzeitkräfte arbeiten beim Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung an „Betrieb und Weiterentwicklung von Mebis“, wie das Ministerium unserer Redaktion erklärte. Zudem gibt es externe Dienstleister. Für 2021 verfügen sie über einen Etat von 2,5 Millionen Euro, „eine bedarfsgerechte Anpassung ist möglich“. Darüber hinaus wird eine Bayern-Cloud versprochen. Für den ganzen digitalen Aufgabenbereich gibt es fast 48 Millionen Euro.
Womöglich ist das rausgeschmissenes Geld. Es gibt Lehrer, die Mebis für untauglich erklären – auf Youtube hat ein Münchner Gymnasiallehrer soeben gezeigt, dass es seiner Meinung nach der Microsoft-Lösung MSTeams hoffnungslos unterlegen ist.
Der Grünen-Bildungsexperte Max Deisenhofer, früher selbst Lehrer, ist nicht so pessimistisch. „Ich möchte Mebis nicht einstampfen“, es könne zuverlässig funktionieren. „Früher war Mebis regelrecht nutzerfeindlich, aber das hat sich stark verbessert.“ Es sei datenschutzkonform und biete über eine Mediathek „einen echten Mehrwert für die Lehrer“. Was allerdings fehle, sei ein Videokonferenzsystem – und das ist für den Distanzunterricht essenziell.