VdK fordert Bonus für pflegende Angehörige

von Redaktion

Bedarf an Beratungen deutlich gestiegen – Sozialverband will steuerliche Umverteilung

München – Da ist die 65-Jährige mit der niedrigen Rente, die jetzt ihren Minijob in einem Hotel verloren hat. Die Weihnachtsgeschenke für die Enkel müssen heuer ausfallen. Oder die 55-Jährige, die sich Tag und Nacht um ihren kranken Ehemann und ihre pflegebedürftige Mutter kümmert. „Ich muss durchhalten – ohne mich bricht alles zusammen“, sagt sie. Sie alle trifft die Krise besonders hart. „Zuerst bleiben diejenigen auf der Strecke, die sich bisher immer irgendwie durchgewurstelt haben“, erklärte gestern Verena Bentele, Präsidentin des VdK Deutschlands.

Rund 328 000 Einzelberatungen fanden beim VdK Bayern dieses Jahr statt. „Das sind 8,2 Prozent mehr als im Vorjahr“, berichtete der Landesgeschäftsführer Michael Pausder. Vor allem bei den Themen Arbeitslosengeld I, Erwerbsminderungsrente, Pflegeversicherung und Hartz IV seien die Nachfragen gestiegen – und Pausder befürchtet, dass sich das fortsetzt. „Im Moment federt das Instrument der Kurzarbeit das Schlimmste noch ab.“

Besonders schwer ist die Situation für pflegende Angehörige. „Jetzt muss man den Katastrophenfall ausrufen“, warnte die Landesvorsitzende des VdK Bayern, Ulrike Mascher. Überforderung und Vereinsamung würden zunehmen. „Irgendwann brechen diese Menschen zusammen.“ Kurzzeitpflegeplätze fallen weg, Tagespflegeeinrichtungen schließen und ambulante Pflegedienste reduzieren ihr Angebot. „Oft springen berufstätige Angehörige ein“, erklärte Mascher. „Viele befürchten, dass sie die ersten sind, denen gekündigt wird.“ Hinzu kämen Zusatzkosten für Hygiene. „Haushalte mit pflegebedürftigen Angehörigen müssen mit Kliniken und Pflegeheimen gleichgestellt werden, was die Ausstattung mit Masken und Schutzkleidung betrifft“, sagte sie. Der VdK fordert außerdem einen Pflegebonus von bis zu 1500 Euro für alle, die zu Hause einen Angehörigen pflegen. Sie müssten auch bei den Impfungen vorrangig berücksichtigt werden. Wichtig seien zudem Notbetreuungen und dass Leistungen, die dieses Jahr nicht genutzt werden konnten, nicht verfallen.

Um die Corona-Krise bewältigen zu können, plädiert der Verband für eine steuerliche Umverteilung. „Schon eine einmalige Vermögensabgabe für Einkommen und Vermögen oberhalb von einer Million Euro würde den Bundeshaushalt deutlich entlasten“, erklärte Verena Bentele. Sie wünscht sich außerdem ein Ende der Minijobs. „850 000 Minijobber haben in der Krise bereits ihre Beschäftigung verloren“, sagte sie. Es müsse für jede Art der Beschäftigung einen „ordentlichen Arbeitsvertrag mit allen Sozialleistungen“ geben. Auch Selbstständige und Beamte sollten in das Sozialsystem aufgenommen werden. Die Rente dürfe dabei nicht weiter ausgehöhlt werden durch die Förderung riskanter Altersvorsorgeprodukte oder das weitere Absenken des Rentenniveaus. Im Kampf gegen Altersarmut sei die Grundrente zwar ein Erfolg. Doch die Überprüfung, wer berechtigt ist, könne bis zu zwei Jahre dauern und auch nicht jeder mit niedriger Rente würde von der Grundrente profitieren.

Sorgen machen dem VdK auch die Probleme von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt. Der Verband schlägt vor, bei Firmen mit Beschäftigungspflicht Corona-Hilfen an den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte zu knüpfen. CLAUDIA SCHURI

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