München – Der ehemalige Benediktiner und Prior von Kloster Andechs (Kreis Starnberg), Anselm Bilgri, ist zu den Alt-Katholiken gewechselt. Diesen Schritt habe er am 17. Dezember vollzogen, sagte der 67-Jährige gestern. Er hoffe, künftig neben seiner Vortragstätigkeit auch als Priester wirken zu können. Dies sei ihm zuletzt, nachdem er 2004 das Kloster verlassen hatte, in der römisch-katholischen Kirche verwehrt geblieben. Vorerst müsse er jedoch noch abwarten. Denn in der alt-katholischen Kirche sei es üblich, dass die jeweilige Gemeindeversammlung darüber abzustimmen habe, ob ein Priester bei ihnen tätig sein kann.
Seit Jahren trage er sich mit dem Gedanken, zu den Alt-Katholiken überzutreten, erklärte Bilgri. „In dieser Kirche ist all das verwirklicht, was auch meine Vision von Katholizismus in der modernen Welt ist.“ Von der römisch-katholischen Kirche sei er enttäuscht. „Ich glaube nicht mehr an den aufrichtigen Reformwillen.“ Die laufende Reformdebatte Synodaler Weg erscheine ihm als ein „Debattierclub“, bei dem am Ende die Vorschläge von Rom wieder abgelehnt würden.
In Bezug auf „Mutter Kirche“ hat Bilgri das Gefühl: „Ich liebe sie, aber sie lässt mich am langen Arm verdursten.“ Kritik übte er auch an Papst Franziskus. „Dieser macht spontan mutige Äußerungen, kurz danach werden diese von der Kurie wieder relativiert.“ Die vom Zweiten Vatikanischen Konzil angestoßene Dezentralisierung der Kirche werde stets aufs Neue konterkariert. Leider auch von den Bischöfen selbst, findet der Theologe. Diese hätten nicht den Mut, zukunftsweisende Schritte zu gehen.
Die alt-katholische Kirche hatte sich gegründet, weil sie die Neuerungen des Ersten Vatikanischen Konzils 1870 nicht mitvollziehen wollte. Damals wurde die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma erhoben. Die Alt-Katholiken haben eine synodale Struktur, keinen Pflichtzölibat, lassen Frauen zu allen Weiheämtern zu und trauen gleichgeschlechtliche Paare. In Deutschland gehören ihr 15 000 Mitglieder an. kna/cm