München/Schönau – Zehntausende Ausflügler pilgerten im Januar vor 15 Jahren zum Königssee bei Berchtesgaden. Denn zu dieser Zeit bot sich ein Naturphänomen, dass nur sehr selten zu erleben ist. Der rund fünf Quadratkilometer große Gebirgssee war komplett zugefroren. Dafür muss einiges zusammenkommen, wie Carolin Scheiter vom Nationalpark Berchtesgaden erklärt. Denn es braucht nicht nur dauerhaft niedrige Temperaturen, sondern auch eine Periode von relativer Windstille, damit das Wasser im See nicht zu sehr umgewälzt wird.
Eine Eiskommission gab den See damals zum Betreten frei. Und das nutzten tausende Besucher, um zu Fuß, mit Langlaufski oder sogar dem Radl von Schönau bis zur Wallfahrtskirche St. Bartholomä am Westufer des Sees zu pilgern. 29 Tage lang hielt der bis zu 40 Zentimeter dicke Eispanzer. Zwei Wagemutige setzten sich sogar ins Auto und bretterten über die Eisfläche, wie ein Video auf Youtube noch heute bezeugt. Die Überfahrt ging gut. Doch das war nicht immer so.
Schon im Jahr 1964 hatte sich ein Autofahrer auf die Tragkraft des zugefrorenen Sees verlassen. Die Hinfahrt nach St. Bartholomä ging noch gut. Doch bei der Rückfahrt versank der 52-Jährige mit seinem VW Käfer im See – und starb einen eisigen Tod. Erst 1998 konnte das Schicksal des Mannes endgültig geklärt werden: Ein Forschungs-U-Boot entdeckte den VW Käfer in 100 Metern Tiefe am Grund des Königssees.
Wenn das Eis in Bayern besonders dick war, ermutigte das die Menschen immer wieder zu tollkühnen Abenteuern auf dem Eis. So etwa ein Jahr vor dem tragischen Einbruch am Königssee. Im Eiswinter von 1963 fror sogar der Bodensee zu. Die Eisschicht war so dick, dass ein Sportflugzeug darauf landen konnte. Bei Temperaturen von bis zu minus 29 Grad froren auch der Starnberger- und der Ammersee zu – und die Menschen strömten auch hier in Massen aufs Eis. Auf dem Ammersee veranstaltete der Motorsportclub Dießen vor 10 000 Zuschauern ein Auto und ein Motorradrennen. Als der damalige Bürgermeister Max Weiher die Menschenmassen sah, sei er schockiert nach Hause gegangen, habe sich ins Bett gelegt und gebetet, dass nichts passiert, wie unsere Zeitung berichtete.
Im ebenfalls klirrend kalten Winter von 1929 wagte der Forscher Max Valier einen Raketenversuch auf dem Starnberger See. „Valiers Raketenbob erreichte über 375 Stundenkilometer“, berichtete die „Münchner Zeitung“ damals. Die Raketen-Faszination ließ Valier nicht los – er starb 1930 durch eine Explosion während eines Probelaufs für ein neuartiges Triebwerk. Sein Geschoss vom Starnberger See, der „RAK Bob 2“, ist bis heute erhalten – er befindet sich im Fundus des Deutschen Museums.