Mammendorf – Fredi Straubinger arbeitet bei einem Unternehmen für den Service und die Instandhaltung von Papierfabriken. Bei so einer Instandhaltung gibt es gelegentlich Notfälle, die von einem Experten vor Ort gelöst werden müssen. Genau so einen Vorfall gab es vergangenen Woche in Rumänien, und Straubinger erklärte sich bereit, dorthin zu fliegen.
Der 61-jährige Mammendorfer (Kreis Fürstenfeldbruck) und sein Arbeitgeber hatten genau überprüft, welche Vorgaben der Reisende erfüllen musste. Für die Einreise in Rumänien galt unter anderem: Straubinger sollte einen negativen Coronatest, der nicht älter als 48 Stunden ist, vorlegen können und die Bestätigung des Arbeitgebers, dass die Reise notwendig ist. Straubinger flog also am vergangenen Montag nach Rumänien. Dort angekommen, wurden alle Passagiere nacheinander zu einer Schalterstelle gebracht. „Es wurde Fieber gemessen, wir mussten alle erforderlichen Dokumente und den negativen Coronatest vorzeigen, und dann wurden die Ausweise überprüft“, berichtet Staubinger. „Es wurde alles ganz genau erfasst.“ Er fühlte sich so sicher, wie man sich in einer Pandemie nur fühlen kann.
Zwei Tage später war seine Aufgabe erledigt, er flog zurück nach München. Am Flughafen wurden die Passagiere, es waren etwa 100, nacheinander in Bussen zum Gate gefahren. Dort angekommen, gingen sie zum Gepäckband, nahmen ihre Koffer – und spazierten aus dem Terminal hinaus. Einfach so. „Ich war fassungslos“, sagt Straubinger.
Der Flughafen München erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass für die Umsetzung der Maßnahmen „die Behörden selbst zuständig“ sind. Doch warum wurde Fredi Straubinger nicht direkt bei der Ankunft von den Behörden getestet? Die Antwort gibt ein Sprecher der Bundespolizei am Flughafen: „Ob ein Fluggast getestet wird oder nicht, hängt vom Land ab, aus dem er einreist.“ Derzeit werde unterschieden, ob der Abflugort in einem Mutationsgebiet, einem Hochinzidenzgebiet oder in einem Risikogebiet liegt. „Rumänien ist ,nur’ Risikogebiet. Darum ist bei der Einreise kein Test erforderlich.“
Die Temperatur der Passagiere werde am Flughafen München grundsätzlich nicht gemessen. „Für die Vorgaben, was zu tun ist, ist das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständig, mit dem wir eng zusammenarbeiten.“ Was derzeit vorgeschrieben ist: Vor der Einreise muss eine digitale Einreiseanmeldung eingehen. „Außerdem müssen sich Rückkehrer binnen 48 Stunden testen lassen und sich in Quarantäne begeben.“
Straubinger hat sich an all diese Vorgaben gehalten. Doch die Frage ist: Wie haben sich wohl seine 99 Mitreisenden verhalten? „All diese Regeln beruhen offensichtlich auf einer gewissen Freiwilligkeit“, sagt Straubinger kopfschüttelnd. „Dann ist es doch klar, dass sie von vielen nicht eingehalten werden.“ Wer also kontrolliert die Einhaltung dieser Regeln? „Natürlich gibt es eine gewisse Eigenverantwortung“, sagt Straubinger. „Aber die Überprüfung gehört doch auch dazu. Da sind wir sehr nachlässig, und mich ärgert das.“
Er selbst hat sich mit seiner Kritik an den fehlenden Kontrollen nicht nur an unsere Zeitung, sondern auch an die bayerische Staatsregierung gewandt, wie auch an sein Gesundheitsamt in Fürstenfeldbruck: „Denn ich finde, das ist eine Verletzung der Sorgfaltspflicht gegenüber den Bürgern.“ Bisher hat er noch keine Antwort bekommen. VON NINA PRAUN UND KATHRIN BRACK