Streit überschattet Synodalen Weg

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

München – Eine allerletzte Chance soll er sein, der Synodale Prozess in der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der um Glaubwürdigkeit ringenden Institution wieder mehr Vertrauen verschaffen. Seit gestern Nachmittag setzen die 230 Teilnehmer in Online-Foren ihre Beratungen fort, in denen über Macht, priesterliches Leben, Sexualmoral und die Rolle der Frau in der Kirche höchst kontrovers diskutiert wird.

Beschlüsse werden bei diesem Treffen im Netz nicht erwartet. Dies soll erst vom 30. September bis 2. Oktober in Frankfurt erfolgen – wenn dann wieder Präsenztreffen möglich sind. Das Internet-Meeting ist nicht nur durch das heftige Ringen zwischen Modernisierern und Traditionalisten belastet – vor allem der eskalierte Streit im Erzbistum Köln überschattet die Beratungen. Das Erzbistum ist in eine schwere Krise geraten, nachdem Erzbischof Rainer Maria Woelki ein Gutachten über den Umgang kirchlicher Leitungspersonen mit Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche nicht veröffentlicht hat. Kritiker werfen ihm vor, er habe damit eine unabhängige Aufarbeitung behindert, außerdem habe er selbst in einem konkreten Fall einen Missbrauchsverdacht nicht nach Rom gemeldet.

Gestern räumte Woelki zwar Fehler beim Umgang mit Betroffenen ein. Falsch sei es auch gewesen, Journalisten bei einem Hintergrundgespräch mit einer Verschwiegenheitserklärung zu konfrontieren. Dies habe den Eindruck erweckt, „wir wollten keine offene und unabhängige Berichterstattung“. Zum Vorwurf, er habe einen Missbrauchsfall vertuscht, erklärte er allerdings, er habe sich korrekt verhalten.

Am 18. März werde ein neues Gutachten veröffentlicht – Betroffene und Journalisten könnten dann auch das alte Gutachten einsehen. Das Präsidium des Synodalen Wegs hat sich gestern empört über die Missbrauchsaufarbeitung in Köln geäußert. Viele Menschen würden am Willen kirchlicher Autoritäten zu vorbehaltloser Aufklärung zweifeln. „Es sind erhebliche Irritationen entstanden und es ist ein Verlust an Vertrauen eingetreten, der nur schwer wieder behoben werden kann“, heißt es in einer Erklärung des Präsidiums. Pikant wird das Schreiben dadurch, dass es auch vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, unterzeichnet wurde. In dem Schreiben heißt es: „Rechtsverstöße, pflichtwidriges Verhalten und Verfahrensfehler müssen überall rechtskonform und ohne Ansehen der Person geahndet werden.“ Verantwortliche müssten Konsequenzen ziehen, wobei „auch ein Rücktritt kein Tabu sein“ dürfe. Auch Bätzings Vorgänger, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, hat sich mehrfach besorgt über die Lage in Köln geäußert. Der Schaden für die Kirche in Deutschland sei groß. Die Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl kritisiert Woelki scharf. Das Gutachten unter Verschluss zu halten, sei ein „Gewaltangriff“, sagte der Münchner Rechtsanwalt Ulrich Wastl der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Ein „derartiges Verhalten“ habe seine Kanzlei noch nicht erlebt. Woelki solle das Gutachten veröffentlichen, dann könne sich jeder ein Bild machen.

Vor Beginn der Beratungen des Synodalen Wegs gab es gestern zusätzlich einen Querschuss des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer. Er äußert Vorbehalte gegen eine grundsätzliche Demokratisierung der katholischen Kirche. In einem Brief forderte er die Bischofskonferenz zur Intervention gegen solche Versuche auf. Voderholzer bezieht sich auf einen Textentwurf, der bei dem Online-Hearing diskutiert werden soll. Vom theologischen Niveau des Textes sei er „schockiert“. Eine gleichberechtigte Teilhabe der Laien auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens einschließlich Lehre und Leitung ist seiner Meinung nach unmöglich. Damit war gestern schon vor Beginn der Beratungen klar, dass es hoch hergehen wird.  (mit kna)

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