München – Die Politik hat die Folgen ihrer Anti-Corona-Maßnahmen nach Einschätzung der Freien Wohlfahrtspflege Bayern nicht ausreichend im Blick. „Gerade ärmere Menschen vergisst die Politik zu oft“, kritisierte die neue Vorsitzende Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Besonders verletzliche Personengruppen wie Menschen mit Behinderung, zu Hause lebende Pflegebedürftige, psychisch Kranke oder Obdachlose kämen in den Überlegungen oft zu kurz.
Nach Einschätzung der Verbände zeigen sich inzwischen zahlreiche negative Folgen der Pandemie: Familien seien angesichts geschlossener Kitas und Schulen in einem täglichen Ausnahmezustand, kranke und alte Menschen in den Heimen weitgehend isoliert, viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Benachteiligte Kinder verlören in der Schule den Anschluss, und immer mehr Menschen litten unter Einsamkeit, psychischen Belastungen oder Suchtproblemen. „Die sozialen Folgen der Pandemie sind noch nicht klar absehbar, aber sie werden ganz sicher vielfältig und herausfordernd sein“, betonte Berndl. Entscheidend sei, sich jetzt schon darum zu kümmern, wie diese Folgen abgefedert werden könnten. Dazu seien finanzielle Hilfen ebenso nötig wie ein gut ausgebautes Netz sozialer Einrichtungen zur Unterstützung der Betroffenen.
Berndls scheidender Vorgänger, Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl, kritisierte, dass die Politiker in der ersten Phase der Pandemie nicht ausreichend auf die Expertise der Wohlfahrtsverbände gehört hätten – sei es die Ausstattung mit Schutzausrüstung, die Begleitung Sterbender, Tests in den Pflegeeinrichtungen oder die Rückzahlung der Kita-Beiträge. Inzwischen laufe die Kommunikation zwar besser, dennoch gebe es noch Handlungsbedarf. lby