München – Inge Siebert (Name geändert) ist 62, Erzieherin – und enttäuscht von der Staatsregierung. Sie und ihre Kollegen fühlen sich in der aktuellen Situation allein gelassen, sagt sie. Sie versteht nicht, warum Lehrer FFP2-Masken bekommen, Erzieher aber nicht. „Gerade bei kleinen Kindern ist es unmöglich, Abstände einzuhalten“, sagt sie. Und auch in der Betreuung der Grundschüler seien Sicherheitsabstände schwer einzuhalten.
In dem Hort im Kreis München, in dem sie arbeitet, werden regulär 23 Kinder betreut. Jetzt, während der Notbetreuung, sind es sieben bis neun. Im Hort selbst tue man alles, um zu verhindern, dass die Gruppen sich mischen. Doch es gibt auch Kurzarbeit. „Dienstpläne aufzustellen, die berücksichtigen, dass dieselben Erzieher immer dieselben Gruppen betreuen, ist nahezu unmöglich“, sagt sie.
Vor allem ärgert sich Siebert darüber, dass die zuständigen Ministerien erst jetzt an einem Testkonzept für Lehrer und Erzieher arbeiten. Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) hatte am Freitag angekündigt, man befinde sich in der finalen Abstimmung. „Warum gibt es so ein Testkonzept nicht schon längst“, fragt die 62-Jährige. Sie und ihre Kollegen hätten Schnelltests schon vor Monaten gebraucht. Die freiwilligen Schnelltests sind in den meisten Regionen nicht kostenlos, in München beispielsweise kosten sie 45 Euro. Inge Siebert lässt sich dennoch regelmäßig auf Corona testen – auch weil sie ihre über 90-jährige Mutter versorgen muss. Dafür nutzt sie die PCR-Tests, die in Bayern kostenlos sind. Trotzdem hat sie oft ein mulmiges Gefühl, sagt sie. Auch viele ihrer Kollegen seien verunsichert und würden sich vom Staat im Stich gelassen fühlen. „Alles was wir aktuell tun, tun wir aus einer Eigenverantwortung heraus“, betont Siebert. Sie hätte sich gewünscht, dass schon vor Monaten über Schutzkonzepte für Erzieher nachgedacht wurde. KATRIN WOITSCH