15 000 Nürnberger müssen frieren

von Redaktion

VON IRENA GÜTTEL

Nürnberg – Der Brand in dem Nürnberger Großkraftwerk kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: Draußen herrschen Minusgrade und drinnen frieren die Menschen jetzt beim Homeschooling und Homeoffice. Das Kraftwerk ist vorübergehend abgeschaltet. In zwei Stadtteilen ist die Fernwärmeversorgung deshalb beeinträchtigt. Etwa 15 000 Menschen sind davon betroffen.

Die Stadt Nürnberg rief am Dienstag den Katastrophenfall aus. Der Energieversorger N-Ergie drosselte unter anderem in einigen Wohnblocks und in einem Gewerbezentrum die Temperatur auf zehn bis 15 Grad. „Wir sind seit Mitternacht im Krisenstab“, sagte der Vorstandsvorsitzende der N-Ergie, Josef Hasler. In den beiden betroffenen Stadtteilen Röthenbach und Gebersdorf liegen nach Angaben von Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) auch eine Klinik und zwei Altenheime, die nun oberste Priorität bei der Energieversorgung hätten. „Diese werden nicht geräumt“, sagte er.

Der Energieversorger steht zurzeit vor einem doppelten Problem: Wegen des Lockdowns sind zurzeit viele Menschen zu Hause, die Energie verbrauchen. Gleichzeitig drehen diese ihre Heizungen wegen der eisigen Temperaturen draußen besonders hoch. „Jetzt geht es darum, die Gesamtlast zu reduzieren“, sagte König. Mitarbeiter von N-Ergie klingelten deshalb in dem betroffenen Gebiet an den Haustüren, um die Menschen zu bitten, ihre Heizungen auf 15 Grad herunterzudrehen und warmes Wasser zu sparen, sagte Hasler. Eine Anwohnerin aus Röthenbach, die am Nachmittag noch bei 21 Grad in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus saß, trug die Aussicht auf kühle Temperaturen im Homeoffice mit Fassung: „Alternativ muss ich halt wieder ins Büro gehen, denn da ist es warm.“ Die Stadt Nürnberg hat 1100 Hotelzimmer organisiert, die Betroffene zu einem reduzierten Preis mieten können. Wer aus seiner kalten Wohnung zu Verwandten ziehe, verstoße nicht gegen die Kontaktbeschränkungen, betonte König. Der Energieversorger bemüht sich nun bundesweit um riesige mobile Heizgeräte, die Energie ins Netz einspeisen können. Zurzeit sei noch unklar, ob die Versorgungslücke dadurch gedeckt werden könne, sagte Hasler. „Im Moment sind wir auf einem guten Weg.“ Sorgen bereite ihm aber die extreme Kälte, die für die nächsten Tage mit Tiefstwerten von bis zu minus 20 Grad vorhergesagt ist. Das Kraftwerk ist nach seiner Einschätzung noch mindestens in den nächsten zwei Wochen außer Betrieb. Es verbrennt Gas und erzeugt dadurch Wärme, die durch gedämmte Leitungen in die Gebäude gelangt.

Wie es zu dem Feuer am frühen Montagabend gegen 17.20 Uhr im Kesselhaus des Kraftwerksblocks I kommen konnte, war auch am Dienstag noch unklar. Die Flammen loderten bis zu 80 Metern hoch. 120 Einsatzkräfte – darunter auch die Höhenrettung – kämpften drei Stunden lang gegen die Flammen. Am Morgen musste die Feuerwehr außerdem wegen leichter Ölschlieren auf einem Fluss am Kraftwerk ausrücken. Ob diese in Zusammenhang mit dem Brand stehen, wisse man nicht, sagte der Leiter der Nürnberger Feuerwehr, Volker Skrok.

Brandermittler der Kriminalpolizei sollen in den nächsten Tagen nach der Ursache für das Feuer suchen. „Das wird frühestens morgen sein“, sagte ein Polizeisprecher. Zuvor müssten alle Glutnester gelöscht und das Gebäude abgekühlt sein. Außerdem sollten Fachleute die Statik überprüfen. Die Ermittlungen werden voraussichtlich Tage dauern.

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