S7: Eine unendliche Geschichte

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München/Geretsried – Der Wolfratshauser Heinz Wensauer, 79, ist Rentner und seit zehn Jahren im S7-Widerstand. Schon 2012, erzählt er, habe er sich in einer Petition gegen den Bau der 9,2 Kilometer eingleisigen und elektrifizierten S-Bahn-Verlängerung von Wolfratshausen nach Geretsried gewehrt. Für ihn ist das Gleis schlicht „Flächenfraß“. Wer das nicht glaubt, dem empfiehlt Wensauer seinen Film, der seit Ende vergangenen Jahres auf Youtube zu sehen ist. Zehn Minuten ist „Die Kuckucksbahn“ lang – in der Animation schiebt sich eine dicke gelbe Gleiszunge durch unverbaute grüne Landschaft. „Ich möchte Emotionen wecken.“

Wenig überraschend ist Wensauer auch einer von etwa 800 Bürgern, die gegen das laufende Planfeststellungsverfahren Einspruch angemeldet haben. Am Montag beginnt der Erörterungstermin. Normalerweise würde die Regierung von Oberbayern dafür eine große Halle anmieten. Weil das wegen der Pandemie nicht geht, gibt es nun eine Online-Konsultation. Einen Monat lang werden die Einwände auf einer passwortgeschützten Plattform erörtert, die Einwender können sich über einen Zugangscode einschalten.

Nicht jeder Einwand freilich dürfte noch „up to date“ sein. Jahrelang gab es in Wolfratshausen Diskussionen über einen Bahnübergang an der Sauerlacher Straße südlich des jetzigen Bahnhofs. Wo jetzt nur ein gelegentlich genutztes Industriegleis die Straße quert, hätte nach den ursprünglichen Planungen dann die S-Bahn nach Geretsried geführt. 2009 bestand der damalige Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) auf dieser Lösung, die Wolfratshausener Autofahrern viele Minuten Warten an geschlossenen Schranken beschert hätte. Ein Bürgerentscheid drehte die Dinge – jetzt sollen die Gleise unter der Erde verschwinden. Erst kürzlich hat die Bahn endgültig bestätigt, dass die Einwände gegen die Schranken „nicht mehr relevant“ sind. Von den Mehrkosten in Höhe von 44 Millionen Euro tragen Kreis und Kommunen 17 Millionen. Insgesamt soll die Verlängerung 165 Millionen Euro kosten – die Schätzung stammt allerdings aus dem Jahr 2009 und gilt als veraltet. Eine neuere Schätzung gibt es nicht, bestätigt die Bahn.

Heinz Wensauer sieht vieles sehr kritisch. Auch wenn Geretsried als größte Stadt im Landkreis bisher keinen Bahnhof habe, sei die Neubaustrecke letztlich Geldverschwendung und der Kosten-Nutzen-Faktor fraglich. Geretsried wolle auf Kosten von Wolfratshausen wachsen und entlang der neuen Bahnhöfe Gewerbegebiete anlegen, argwöhnt er.

Die DB ist trotz der Einwendungen guter Dinge, dass die Planung jetzt endlich weitergeführt wird. Vier neue Bahnhöfe – in Wolfratshausen, Gelting, Geretsried Mitte und Süd – sind geplant, zudem acht Eisenbahnbrücken und eine Abstell- und Wendeanlage für die S-Bahn-Züge in Geretsried Süd. 2024 könnte der Bau beginnen, 2028 wäre Inbetriebnahme. So der Zeitplan aktuell.

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