München – Ursula und Florian Guggenbichler betreiben die Klosterschänke in Dietramszell (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Vor fünf Jahren schlossen sie bei der Allianz eine Versicherung ab, die ihnen Ausgleichszahlungen zusicherte, wenn Behörden Betriebe wegen der Ausbreitung von Infektionskrankheiten schließen müssen. Das war lange, bevor Corona ein Thema war. Folglich ist das Virus in der Aufzählung im Vertrag nicht erwähnt. Versichert war eine Schließung von 30 Tagen. Das wäre eine Summe von 83 370 Euro. Die Allianz will nun aber nur 15 Prozent davon erstatten. Das wollen die Guggenbichlers nicht hinnehmen – und zogen vor Gericht.
Genau wie vier weitere Wirte aus Oberbayern. Richter Andreas Zeug verhandelte gestern alle Klagen nacheinander. Urteile sind noch nicht gefallen. Offen ist auch, ob es in den fünf Fällen zu Vergleichen kommen könnte. Schon jetzt ist aber klar: Den Streit mit ihren Versicherungen haben sehr viele. Fast 30 Klagen sind beim Landgericht München II anhängig. Die Versicherer weigern sich mit Verweis auf die Versicherungsbedingungen im Vertrag, die vollen Summen zu erstatten. Sie argumentieren, ihre Versicherungsleistungen würden sich nicht auf das Coronavirus erstrecken.
Geklagt hatte neben den Guggenbichlers aus Dietramszell auch Korbinian Kohler, der Inhaber des Hotels Bachmair in Weissach (Kreis Miesbach), er fordert von der Allianz fast eine Million Euro. Auch die Inhaber von sogenannten Alpen-Deluxe-Ferienwohnungen in Garmisch-Partenkirchen und einer Pizzeria in Murnau zogen vor Gericht. Für die Ferienwohnungen werden rund 30 000 Euro gefordert, für das Restaurant 175 000 Euro. Aus Pöcking hatte Thomas Schmötzl geklagt, er ist der Wirt des Gasthauses Georg Ludwig. Er fordert von seiner Versicherung 174 000 Euro.
Alle fünf Fälle drehten sich im Grunde um die selben Fragen. Vor allem im Fall des Luxus-Hotels vom Tegernsee wurden sie ausführlich diskutiert. Kohlers Anwalt argumentierte: Meldepflichtige Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz seien versichert – damit auch Corona. Der Versicherungsanwalt betonte hingegen, dass nur die namentlich erwähnten Krankheiten versichert sind. Ausdrücklich ausgeschlossen in vielen Verträgen sind Prionen, die mit großer Wahrscheinlichkeit für die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen und für BSE bei Rindern verantwortlich sind. Corona dagegen ist nicht als Ausschluss erwähnt. Darauf wiesen die Kläger hin. Bräuhaus-Inhaber Kohler ist verärgert. Der Versicherer habe ihm damals gesagt: „Da ist alles versichert, damit passiert dir nichts.“ Darauf müsse er sich als Hotelier doch verlassen können.
Laut Richter Andreas Zeug sind die Erfolgsaussichten jedoch gering – weil das Wort Corona in den Versicherungsbedingungen eben nicht auftauche. Ein weiterer Knackpunkt ist die Frage, ob tatsächlich eine Betriebsschließung vorliegt. Die tritt laut Vertrag dann ein, „wenn sämtliche Betriebsangehörige Tätigkeitsverbot haben“. In etlichen Betrieben werden aber Speisen zum Mitnehmen angeboten. „Das ist ein Problem, auf das man sich sonst nicht einschießt, aber hier ist das problematisch“, betonte Richter Zeug. Er schlug den Gastronomen einen Vergleich vor. „Ich würde an ihrer Stelle lieber weniger Geld mitnehmen, als auf die volle Summe zu spekulieren.“ Denn man müsse auch die Seite der Versicherungen betrachten. „Es ist ja nicht so, dass sie nachts die Geldmaschine einschalten.“