Sorge um Gesundheit der Pflegekräfte

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

München – Die Altenpflege ist nicht erst seit Beginn der Pandemie ein Knochenjob. Schon vor Corona hatten Pflegekräfte durchschnittlich 25,5 Krankheitstage und damit mehr als jede andere Berufsgruppe. Viele litten unter Rückenschmerzen, Bluthochdruck, depressiven Stimmungen oder Adipositas. In den Jahren 2016 bis 2018 lag der Krankheitsstand der Altenpflegefachkräfte bayernweit bei sieben Prozent, bei den Hilfskräften sogar noch leicht darüber (8,4 Prozent). Das ist deutlich mehr als in anderen Berufsgruppen, der Durchschnitt liegt bei 4,3 Prozent. Diese Zahlen des Pflegereports 2020 präsentierte Claudia Wöhler, die Landesgeschäftsführerin der Barmer Bayern, gestern in München. „Hochgerechnet fallen pro Jahr mehr als 4000 Pflegekräfte in Bayern durch Krankheit oder Frühverrentung aus“, sagte sie. Außerdem würden viele Pflegekräfte den Beruf vorzeitig verlassen. Das sei ein Teufelskreis, erklärt sie. Denn je mehr Kräfte ausfallen, desto größer wird die Arbeitsbelastung der anderen. Und umgekehrt könnte man die Gesundheit der Pflegekräfte verbessern, wenn man etwas gegen den Personalmangel in der Altenpflege unternehmen würde, betonte sie.

Jetzt, in der Pandemie, wäre das wichtiger denn je, ergänzt sie. Denn Corona hat die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte in den Seniorenheimen noch einmal deutlich erhöht. Die Barmer hat die Versichertendaten des vergangenen Jahres ausgewertet. Sie belegen, dass Pflegekräfte im vierten Quartal so häufig an Covid-19 erkrankt sind wie keine andere Berufsgruppe. 11,1 je 1000 der in der Altenpflege tätigen Versicherten waren wegen Corona krankgeschrieben. Selbst wenn man berücksichtige, dass Pflegekräfte mehr getestet wurden als andere Berufsgruppen, sei der Wert deutlich höher als zum Beispiel bei Arzthelfern, die ebenfalls regelmäßig getestet werden, betonte Wöhler und ergänzte. „Das sind Zahlen, über die wir intensiv sprechen müssen.“ Wären die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit besser, gäbe es in Bayern 4100 Pflegekräfte mehr, folgerte sie. „Neben geregelten Arbeitszeiten müssen die Arbeitgeber auch stärker auf Vorsorge setzen. Präventionsangebote für die Beschäftigten müssen in den Einrichtungen Standard werden. Das beginne mit verlässlichen Dienstplänen und Ausfallkonzepten wie einem „Springerpool“. Dadurch könnten bei Personalengpässen Kräfte aus der Stammbelegschaft einspringen, erklärte Kai Kasri, der Landesvorsitzende des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). „Die eigenen Mitarbeitenden kennen den Betrieb, die Abläufe und die Bewohner in einer Einrichtung. Die in den vergangenen Jahren stark angestiegene Leiharbeit in der Pflege hingegen müsse reduziert werden. Es sei auch das Ziel der bundesweiten Konzertierten Aktion Pflege (KAP), Stammbelegschaft im Betrieb zu halten. Durch massiven Einsatz von Leiharbeitern könnte dieses Ziel verfehlt werden, warnte Kasri.

Auch bei der Digitalisierung im Pflegebereich könnte Bayern schon weiter sein, kritisierte er. „Es gibt viele Tools und Projekte – wir müssen sie endlich nutzen.“ Viele Pflegekräfte seien seit Beginn der Pandemie durch die Hölle gegangen. „Zu welchen Folgeerkrankungen das führen wird, können wir heute noch gar nicht abschätzen.“

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