München – Es ist eine düstere Prognose: Bis zum Jahr 2100 könnte die Durchschnittstemperatur in Bayern um bis zu 4,8 Grad ansteigen. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren vom Landesamt für Umwelt (LfU) des gestern von Umweltminister Thorsten Glauber (FW) vorgestellten Klima-Reports 2021 für Bayern. Damit wurde die bisherigen Prognosen aus dem Jahr 2015 für Bayern noch einmal um 0,3 Grad nach oben korrigiert. Der Bericht zeigt auch auf, welche konkreten Folgen das für die Menschen im Freistaat haben kann, wenn keine Maßnahmen zum Klimaschutz unternommen werden. Ein Überblick.
. Hitzetage und Tropennächte
Zwischen 1971 und dem Jahr 2000 gab es in Bayern im Schnitt vier sogenannte Hitzetage pro Jahr. Das sind Tage, an denen das Thermometer mehr als 30 Grad anzeigte. Im Alpenvorland könnten bis zum Jahr 2100 weitere 27 solcher Hitzetage hinzukommen, sagt Richard Fackler vom LfU. In der Mainregion sogar 45. Würde das Zwei-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen hingegen eingehalten, nehme die Zahl der Hitzetage zwar immer noch zu, aber in deutlich geringerem Umfang. Ganz ähnlich sieht es bei den sogenannten Tropennächten aus, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad absinkt. Sie könnten im schlechtesten Fall künftig bis zu 18 Mal im Jahr vorkommen. Das würde auch Folgen für die Gesundheit der Menschen haben, betont Glauber. „Solche Hitzetage und Tropennächte sind für den Organismus nicht leicht zu verkraften.
. Dürre und Starkregen
Beim durchschnittlichen Jahresniederschlag haben die Forscher in den vergangenen Jahrzehnten keine signifikante Veränderung festgestellt. Die Niederschlagsmenge scheint also gleich zu bleiben. Aber der Regen werde künftig anders fallen, prognostiziert Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst. „Der Regen wird sich vom Sommer in den Winter und den Frühling verlagern.“ Heißt: Mehr Trockenheit und Dürre im Sommer, wie in den vergangenen Jahren bereits zu beobachten war und was in der Landwirtschaft zu Ernteausfällen führte. Dafür regenreiche Winter, allerdings mit weniger Schnee. „Außerdem werden die Starkregenereignisse zunehmen“, sagt Fuchs. Viel Regen in kurzer Zeit auf kleiner Fläche wie etwa in Simbach vor fünf Jahren – das bedeutetet neue Herausforderungen für die Feuerwehren und den Hochwasserschutz und den Verlust wertvoller Böden durch Erosion.
. Was tun, Herr Glauber?
Eingesetzt hat der Klimawandel längst. Doch er könne noch abgemildert werden, sagt Glauber. „Wir müssen die Kurve wieder zur Geraden machen“, sagt er mit Blick auf die Entwicklung der Durchschnittstemperatur. „Dass die Dynamik weiter zugenommen hat, muss uns alle aufhorchen lassen“, appelliert der Minister. „Wir müssen das Pariser Klimaabkommen ernst nehmen.“ Sollte das Pariser Klimaabkommen weltweit erfolgreich umgesetzt werden, würde die Temperatur in Bayern spätestens ab 2050 nicht mehr nennenswert steigen. Im Mittel sagen die Experten dann ein Plus von 1,1 Grad Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts voraus.
Als Reaktion auf die neue Dynamik müssten die Klimaschutz-Ziele in Bayern nochmals „nach oben geschraubt werden“, betonte Glauber und kündigte ein Klima-Paket II an. Darin solle etwa der Schutz der Moore die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien verankert werden. Glauber schwebt etwa vor, so viele staatliche Gebäude wie möglich mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten. In einem zweiten Schritt soll dies auch auf Gewerbe- und Privathäusern geschehen. Auch der Windkraftausbau müsse forciert werden. Die 10H-Regel halte er für falsch, aber hier sei er an den Koalitionsvertrag gebunden.
. Die Kritik
Die Reaktion reagierte alarmiert auf den Klima-Report. SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn sprach von einer „Horror-Prognose“ und kritisierte, die Staatsregierung habe seit 2005 keinerlei Reduzierung von Treibhausgasen erreicht. Auch Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warf CSU und Freien Wählern Untätigkeit vor. Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Skutella, forderte finanzielle Hilfen für die Kommunen, damit diese sich auf die Klimaveränderungen vorbereiten könnten. Zugleich müsse Bayern sich auch international mehr für den Schutz engagieren.