München – Bier wegschütten? Nein, das brachte David Frick von der Klosterbrauerei Irsee im Allgäu nicht übers Herz. Doch weil das Haltbarkeitsdatum von rund 2500 Litern Fassbier, das wegen der geschlossenen Gastronomie nicht nicht verkauft werden konnte, am vergangenen Sonntag ablief, rief die Brauerei eine Spontan-Aktion ins Leben. Freibier vom Fass. Die Nachricht verbreitete sich schnell im Ort, und so standen die Menschen am Sonntagvormittag bis zu zwei Stunden lang an – brav mit Maske und Abstand –, um sich das Bier in Kanister, Krüge oder Flaschen abfüllen zu lassen.
Es war die letzte Fassabfüllung vor dem Lockdown, die Frick damit auf den letzten Drücker unter die Leute brachte – wenn auch ohne Einnahmen. Aktuell füllen seine Brauereimitarbeiter ausschließlich in Flaschen ab, das zur Klosterbrauerei gehörige Hotel samt Gasthof steht still. „Wir brauchen eine Perspektive“, sagt der Geschäftsführer. Alle Mitarbeiter, von denen ein Großteil in Kurzarbeit ist, warten auf ein Signal.
So geht es vielen seiner Berufskollegen. Deshalb traf sich gestern eine Gruppe von Brauern aus ganz Bayern gemeinsam mit ihren Verbandsvertretern mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) in dessen Ministerium zum Biergipfel. Aiwanger sagte der Branche Unterstützung zu. Die Vielfalt der bayerischen Bierkultur stehe auf dem Spiel, sagte er nach dem Treffen. „Man hat ja fast den Eindruck, die wollen Bayern was auf die Mütze geben, weil es dieses Problem im Norden nicht in dem Ausmaß gibt“, sagte er. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) solle die Hilfen endlich anpassen und die bayerischen Brauereigaststätten nicht weiter ausgrenzen. Brauereigasthöfe kritisieren etwa, dass sie – im Gegensatz zum Bäcker mit Café – keinen Anspruch auf staatliche Corona-Hilfen haben.
Aiwanger forderte zudem, dass wegen des Lockdowns nicht verkäufliches Fassbier als verderbliche Ware eingestuft wird und als Fixkosten im Rahmen der Überbrückungshilfe III erstattet wird. Damit würde den Brauern aus der Patsche geholfen. Er erneuerte zudem seine Forderung zu einer Öffnungsperspektive für die Gastronomie in Richtung Ostern.
Da sich viele von Aiwangers Forderungen an den Bund richten, regte Lothar Ebbertz vom Bayerischen Brauerbund an, Bayern müsse selbst helfen, wenn sich im Bund nichts bewege. Aiwanger erwiderte: „Wenn wir zu schnell mit den bayerischen Millionen winken, sagt der Bund: Alles in Butter.“
Auch Alois Unertl, Weißbierbrauer aus Haag (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen und bald schließenden Brauereibetrieb in Mühldorf) war bei dem Treffen dabei. Er sagt, im Wirtschaftsministerium seien die Probleme der Brauer angekommen. Seine nicht verkauften Fässer lässt Alois Unertl gerade zu Bierbrand verarbeiten (wir berichteten). Doch die nächste Hiobsbotschaft kam kürzlich aus Südtirol. Auch von dort kommen 120 nicht verkaufte Fässer aus der Wintersportregion zurück. „Jetzt warten wir auf Signale, wann wir endlich wieder für die Gastronomie brauen können.“ D. GÖTTLER