Aigner will Sauter zur Rückzahlung zwingen

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München – Das letzte Mal, als jemand Alfred Sauter loswerden wollte, lief verheerend. Es war 1999, Bayerns Justizminister wurde als Verantwortlicher der LWS-Immobilienaffäre präsentiert. Sogar die Opposition hielt ihn nur für ein Bauernopfer, Sauter selbst sich auch. Als Ministerpräsident Edmund Stoiber also öffentlich seine Entlassung verfügte, sagte der Betroffene in aller Ruhe in die Kameras, eine Entlassung sehe die Verfassung nicht vor, er bleibe im Amt. Stoibers Idee sei – wörtlich – „Schafscheiß“.

Ganz Bayern hielt die Luft an, was für eine Machtprobe! Erst recht, als Stoibers Staatskanzlei-Juristen dämmerte, dass Sauter Recht hat: Minister entlassen, das kann formal nur der Landtag. Bis zur nächsten Plenarsitzung zwei Wochen später blieb Sauter in aller Gelassenheit im Amt, ein untoter Minister. Kurz vor der Landtagssitzung teilte er dann mit: Ach übrigens, er trete hiermit aus freien Stücken zurück.

Wer sich mit Sauter anlegt, sollte diese Geschichte kennen. Und fürchten. Denn sie scheint sich zu wiederholen. Die Masken-Affäre der Union spitzt sich zum dramatischen Showdown zu zwischen Sauter und seiner Partei. Diesmal ist er zum Rückzug von allen Ämtern aufgefordert, Kreisvorsitz bis Präsidium, er soll das Landtagsmandat ruhen lassen. Wieder sagt er: Nein.

Seit Donnerstag erhöht die CSU den Druck auf Sauter. „Reinen Tisch“ verlangt Parteichef Markus Söder. Generalsekretär Markus Blume fordert „radikale Transparenz“, den Verzicht auf alle Parteiämter, droht Sauter dann ein Ausschlussverfahren an. Auch der CSU-Bezirksverband Schwaben, bisher Sauters unkritische Hausmacht, kündigt bedeutungsschwer eine Sondersitzung für Sonntag an.

Der Vorgang ist schwierig, juristisch gilt für Sauter die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob er als Anwalt oder über die Firma P. eines Strohmanns aus Schwaben, auch CSU-Mitglied, bis zu 1,2 Millionen Euro Provisionen für Maskengeschäfte eingesteckt, Steuern verkürzt oder sein Mandat für Geschäfte genutzt habe. Es geht mindestens um eine Lieferung von 3,5 Millionen Masken für gut 14 Millionen Euro an Bayerns Gesundheitsministerium. Er nennt die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme „abenteuerlich und konstruiert“. Er räumt aber ein, dass neben dem Anwaltshonorar auch Geld an ihn und seine Familie gezahlt werden sollte. Der Nettoertrag sei gespendet worden. Wann, ist unklar.

Schnell loswerden kann man Sauter nur, wenn er freiwillig geht. Das habe er nicht vor, machte der 70-Jährige intern in mehreren Telefonaten deutlich. Nun könnte der Parteivorstand mit Zweidrittelmehrheit seine vorläufige Ämterenthebung beschließen, dagegen kann er sich vor dem Parteischiedsgericht wehren. Zäh, langwierig.

Nun ruhen Hoffnungen auf einem Prüfverfahren im Landtag. Präsidentin Ilse Aigner (CSU) hat formell und in kühlen Worten dem „sehr geehrten Herrn Abgeordneten“ ein Ultimatum gesetzt. Bis 24. März habe er sich zum Tatvorwurf uns seiner Rolle als Abgeordneter zu äußern.

Spannend daran: Aigner kann nicht nur schimpfen, mahnen, bitten – sondern Akteneinsicht bei den Ermittlern beantragen. Sie werde das tun, teilt sie Sauter mit. Ein solches Verfahren gab es noch nie in der Geschichte des Landtags. Aber tief in Parlamentsdokumenten steht: Das Ziel kann nach einigen Wochen sein, Gelder, die Sauter unrechtmäßig bekommen haben sollte, komplett in den Staatshaushalt abzuschöpfen. Falls Sauter wirklich seine Einnahmen gespendet hat, droht am Ende für ihn ein dickes Minus.

Das Mandat vor der Wahl 2023 entziehen kann auch Aigner nicht. Die CSU-Forderung, Sauter solle das Mandat ruhen lassen, ist auch kurios: Das ist juristisch bei Abgeordneten nicht möglich. Sauter würde womöglich ein „Schaf“-Wort dafür finden.

Artikel 3 von 11