München/Holzkirchen – Eine Neuregelung soll Städten und Gemeinden den Betrieb in der Pandemie erleichtern. Doch die Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung, die diese Woche in Kraft getreten ist, sorgt für Kritik. Während der Bayerische Städtetag bemängelt, man hätte Städte und Gemeinden bei der Umsetzung mit einbeziehen sollen, sehen die Linken die Demokratie gefährdet und haben Klage eingereicht. Zwei wesentliche Neuerungen sieht das Gesetz vor, das maximal bis Ende 2022 gelten soll: Mitglieder von Stadt- und Gemeinderäten können künftig digital an Sitzungen teilnehmen. Und Kommunen haben mehr Spielraum beim Einsetzen von sogenannten Ferienausschüssen.
Die Verwaltungen konnten schon vor der Krise einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen festlegen, in dem ein Ferienausschuss in kleiner Besetzung tagen und Beschlüsse fassen darf. Das Innenministerium hatte wegen der Pandemie dazu geraten, diese Option gleich im Januar und nicht wie üblich nur für die Ferienzeit zu ziehen, um beschlussfähig zu sein. „Viele Gemeinden sind der Empfehlung gefolgt, hatten damit aber ihr Kontingent für dieses Jahr erschöpft“, erklärt Achim Sing vom Bayerischen Städtetag. Kommunen können nun zum einen für bis zu drei Monate Ferienausschüsse einsetzen und zum anderen nach deren Muster Sonderausschüsse bilden, die ebenfalls mit einem Teil der Räte beschlussfähig sind.
Für die bayerischen Linken ist diese Änderung „ein inakzeptabler Eingriff“. Sie argumentieren, dass so einzelne Ratsmitglieder sogar bis zum Jahresende ausgeschlossen werden können – vor allem diejenigen aus kleinen Parteien und überproportional viele Frauen. Zusammen mit 30 Kommunalpolitikern haben die Linken eine Popularklage beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht.
Die digitale Teilnahme an Stadtrats- und Gemeinderatssitzungen war in Bayern bisher verboten. Kommunen können das durch die Änderung ihrer Geschäftsordnung per Zwei-Drittel-Mehrheit nun erlauben. So machen sie Hybridsitzungen möglich, bei denen Räte im Sitzungsraum oder von zu Hause teilnehmen. Die Plattform muss die Gemeinde zur Verfügung stellen, kann aber nicht belangt werden, wenn es zu technischen Problemen kommt. „Uns war wichtig, dass Sitzungen nicht abgebrochen werden müssen, wenn ein Gemeinderat absichtlich oder unabsichtlich aus der Leitung fliegt“, sagt Städtetagssprecher Sing.
Einige Orte haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. In Icking (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) können die Mitglieder des Gemeinderates künftig entscheiden, ob sie vor Ort oder online an der Sitzung teilnehmen wollen, das gleiche gilt in der Gemeinde Haar (Kreis München). Gauting (Kreis Starnberg) beschafft bereits die nötige Technik und will am 27. April zum ersten Mal in einer Hybridsitzung tagen. Andere warten Hinweise zur Umsetzung ab, die das Innenministerium angekündigt hat.
Einen anderen Weg hat die Gemeinde Holzkirchen (Kreis Miesbach) gewählt. Dort gibt es seit dieser Woche kostenlose Selbsttests für die Gemeinderäte. Wenn die Gemeinderäte ein Formular ausfüllen, in dem sie bestätigen, dass sie einen Test gemacht haben, der negativ ausgefallen ist, dürfen sie am Platz die Maske abnehmen.
„Wir können keinen verpflichten“, sagt Bürgermeister Christoph Schmid. Der Test sei freiwillig. Allerdings könne er Verweigerer dazu verdonnern, wie die Zuschauer während der gesamten Sitzung eine FFP2-Maske zu tragen. „Der Grad der Zustimmung war aber bisher hoch.“ K. BRACK, M. KADACH