Trügerische Osterzahlen

von Redaktion

VON DOMINIK GÖTTLER

München – Ab morgen darf Andreas Haindl seine Intersportläden in Gilching und Planegg wieder für Kunden mit Termin öffnen. Denn der Landkreis Starnberg lag drei Tage unter dem Inzidenzwert von 100 – und darf somit gemäß der bayerischen Infektionsschutz-Verordnung die sogenannte Corona-Notbremse wieder lockern. Damit fällt etwa die nächtliche Ausgangssperre weg, Kinder bis 14 Jahre dürfen draußen wieder in Gruppen Sport treiben. Bei Kunden und Einzelhändlern sorgt das Hin und Her für Kopfschütteln: „Die Kunden kennen sich überhaupt nicht mehr aus, und wir eigentlich auch nicht“, sagt Haindl.

Auch andere Regionen in Oberbayern reagieren auf die gesunkenen Inzidenzzahlen über das Osterwochenende. Neben der Stadt München lockern beispielsweise auch die Landkreise Weilheim-Schongau oder Rosenheim ihre Regelungen wieder. Bayernweit sank der Inzidenzwert von 142 am Gründonnerstag bis gestern leicht auf 129.

Doch wie aussagekräftig sind die Zahlen, die das Robert-Koch-Institut (RKI) über die Osterfeiertage gemeldet hat? Das RKI selbst weist darauf hin, dass bei der Interpretation Vorsicht geboten ist. Recherchen von „Zeit Online“ zufolge haben am Ostersonntag und am Ostermontag deutschlandweit nur rund die Hälfte der Kreisbehörden neue Zahlen mitgeteilt. Hier widerspricht das RKI auf Anfrage: Lediglich für 15 der 412 Kreise seien keine neuen Fälle übermittelt worden. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass wegen geschlossener Arztpraxen weniger Tests durchgeführt wurden. „Wir gehen davon aus, dass nach den Ferien, also nach dem nächsten Wochenende, die Testhäufigkeiten wieder auf einem mit den Vorwochen vergleichbaren Niveau liegen“, teilte eine RKI-Sprecherin mit.

Droht damit nun nach den Feiertagen eine Flut an Nachmeldungen? Während in München das Bild über Ostern wohl verzerrt war, weil die Zahlen zwar nach Angaben der Stadt gemeldet wurden, aber nicht beim RKI ankamen, sind sich die Behörden andernorts nicht so sicher.

Im Gesundheitsamt Bad Tölz sei auch am Osterwochenende durchgehend gearbeitet und gemeldet worden, betont eine Sprecherin. Trotzdem sei die Zahl der Infizierten konstant bei ca. 150 geblieben.

Auch in den Laboren seien über die Feiertage weiter Tests ausgewertet worden, betont Cornelia Wanke vom Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore in Deutschland – wenn zum Teil auch in Notbesetzung. Sie erwartet, dass heute alle noch nicht bearbeiteten PCR-Tests aus den Osterfeiertagen abgearbeitet sind.

Der Kreis Dachau etwa lag am 1. April bei einer Inzidenz von 203, gestern wieder bei 135. „Wir waren im Gesundheitsamt durchgehend besetzt und haben gemeldet“, betont Landratsamtssprecher Wolfgang Reichelt. In einer neuen Teststation seien über Ostern mehr als 700 Schnelltests durchgeführt worden – mit fünf positiven Ergebnissen. Von einer Testpause könne also trotz geschlossener Arztpraxen keine Rede sein. „Allerdings wird der Trend erst nächste Woche wieder aussagekräftig sein“, sagt auch Reichelt. Denn während im Gesundheitsamt etwa am Ostersonntag kein einziger neuer Fall aufschlug, waren es gestern bis zum Nachmittag schon wieder 20 positive Befunde.

Für Einzelhändler und ihre Kunden in Starnberg, Weilheim oder München heißt es also weiter bangen, ob die Notbremse schon bald wieder angezogen werden muss.

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