Seil, Karabiner, Steigeisen, Eisschrauben: Ambitionierte Bergsteiger vertrauen solchen Ausrüstungsgegenständen ihr Leben an. Deshalb gilt bei ihnen einer wie der mittlerweile 90-jährige Hermann Huber, der einst selbst zu den besten Münchner Extrembergsteigern gehörte und zeitlebens an der Entwicklung von innovativer Sicherheitstechnik getüftelt hat, als „ein ganz Großer“. So hat ihn das neue Jahrbuch „Berg 2021“ gewürdigt, das der Deutsche und der Österreichische Alpenverein gemeinsam mit dem Alpenverein Südtirol herausgebracht haben.
Als Angehöriger des Jahrgangs 1930 hatte Hermann Huber „das große Glück, dass er im letzten Kriegsjahr nicht mehr zu den Waffen gerufen wurde“. Und er erinnert sich auch an einen Klassenkameraden, der sich noch freiwillig meldete und das mit seinem Leben bezahlen musste. Ein daraus resultierendes „Gefühl von Dankbarkeit, davongekommen zu sein“, hat Hermann Huber fürs Leben geprägt und zu einem Menschen werden lassen, der in den harten Nachkriegsjahren und zeitlebens mit Energie und Tatendrang nach neuen Herausforderungen gesucht und sein Glück vor allem auch in der Pflege von familiären Bindungen und intensiven Freundschaften gefunden hat.
Gleich nach dem Krieg hat Hermann Huber eine Lehre als Industriekaufmann bei der Sattler- und Lederwaren GmbH (Salewa) begonnen und fast parallel dazu Anschluss an die Münchner Bergsteigerszene gefunden. Bald gelangen ihm im Karwendel und später in den gesamten Alpen viele extreme Anstiege. Rasch ist ihm dabei aber auch klargeworden, wie gefährlich dieses Tun sein kann, und wie sehr es dabei auf die richtige Ausrüstung ankommt.
Hermann Huber gehörte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu den besten Kletterern in der Münchner Alpinistenszene. Als einer der Ersten hat er alle Extremklassiker an der Laliderer-Nordwand wiederholt und eine neue Route an der Felswand entdeckt. Auch im Wetterstein und in den Dolomiten hat er die schwersten Routen jener Zeit gemacht.
Seine bergsteigerischen Erfahrungen ließ er deshalb in die Entwicklung innovativer Produkte für den Bergsport einfließen, die zu Verkaufserfolgen wurden und Salewa zu einem führenden Unternehmen für Bergsportartikel machten. Huber stieg zum Technischen Leiter und Prokuristen auf und bestimmte den Wandel des Unternehmens maßgeblich mit. Mit seinem Namen verbunden sind zum Beispiel ein speziell geformter Rucksack, maschinell gestanzte Leichtsteigeisen, das „Hiebeler-Halbtonnen“-Biwakzelt sowie innen hohle Rohreisschrauben, die beim Eindrehen nicht das Eis sprengen.
„Wir entwickelten Ausrüstung zunächst für uns, dann für unsere Freunde und Weggefährten und schließlich für den Weltmarkt“, sagt Hermann Huber. 1968 war er auch Gründungsmitglied im Sicherheitskreis des Alpenvereins, der nach dem tödlichen Absturz zweier erfahrener Bergsteiger angeregt worden war. Anlässlich seines 90. Geburtstages ist er für sein Lebenswerk mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.
Öfters ist Hermann Huber zur Teilnahme an großen Expeditionen eingeladen worden, doch seine vielfältigen beruflichen Verpflichtungen und die Familie ließen ihn manches Mal schweren Herzens absagen. Alpinistische Erfolge waren ihm wichtig, doch er betont auch: „Die Essenz solcher Unternehmungen und das, was bleibt, sind die daraus entstehenden Freundschaften.“ Und davon pflegt er quer durch die Generationen viele, wie er betont: in München und im Tölzer Land, wo er neben seinem Zuhause in Unterhaching einen Zweitwohnsitz hat.
Hermann Huber ist zahlreichen Größen des Spitzenbergsteigens wie dem älteren Otto Herzog, Hias Rebitsch, Hermann Buhl und Reinhold Messner persönlich begegnet. Doch zur prägenden Figur wurde für ihn der in den Dolomiten tragisch verunglückte Münchner Bergsteiger und Schriftsteller Leo Maduschka (1908-32), dessen Buch „Junger Mensch im Gebirge“ zum Grundtext einer ganzen Bergsteigergeneration geworden ist. Das Leistungsniveau der heutigen Bergsteigerelite bewundert Hermann Huber rückhaltlos, allerdings bewege sie sich auch „auf einem messerscharfen Grat“. Das sollte man nie außer Acht lassen, sagt einer, der seine eigentliche Bestimmung als Menschenfreund gefunden hat, im Kreis seiner Familie und verlässlicher Bergkameraden. RAINER BANNIER
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