SO SCHAUT’S AUS!

Frust, Frost und Frühlingsgefühle im Oberland

von Redaktion

VON MANFRED SCHAUER, DEM SCHICHTL VON DER WIESN

Seit Mitte März wart ich jetzt auf meine Frühlingsgefühle. Eine Zeit lang hab ich nicht mal die Finger oder die Füße gefühlt, so kalt war’s. Als die Nachbarskinder am 7. April wieder Schneebälle geworfen haben, war ich kurz davor, sie zu belehren, dass sich so was im Frühling überhaupt und in der Osterwoche schon gar nicht gehört. Gehört auf mich hatten’s eh nicht, die Schrazn, aufgehört sowieso nicht und wenn ich das jetzt als unerhört empfunden hätt, hätt’s auch nix geholfen.

Also hab’ ich mein Auto vom Schnee frei gemacht und bin Richtung Oberland gefahren. Eine tolle Idee war das nicht, weil der Schnee draußen immer mehr, mein Frust ständig größer und die Temperatur dauernd niedriger geworden ist. Derweil war ich so was von frühlingsschwanger, dass ich in meiner moralisch-prekären Situation fast vergessen hab, dass unsereiner, also jemand mit M-Kennzeichen, im und ums Oberland gar nicht mehr so gern gesehen wird. Kein Wunder, so wie sich manche „Stoderer“ die Gegend zu einer Kombination von Wander-, Park- und Müllplatz erkoren haben. Aber sich aufregen, wenn jemand mit MB-Kenneichen mit 40 km/h auf dem Mittleren Ring unterwegs ist. (Ich reg mich auf!).

Die voralpenländische Sonne schien von dem Grant nix zu wissen, lurt sie netterweise doch ab und zu hinter den Wolken vor. Jetzt fahr ich also mit dem lauen Gefühl des Unwillkommenseins zur schönsten Pfütze zwischen München und Verona. Meiner Stimmung entsprechend wollte ich vor der verschlossenen Haustür vom Bräustüberl erst mal innere Einkehr halten.

Liebe Leut, tut’s euch das nicht an! So eine geschlossene Wirtschaft und speziell die, das haut einem demolierten Gemüt eine Depression von ungeahntem Ausmaß um die Ohrwaschl. Sauber ärgern tu ich mich, die Vorahnung gehabt, aber vergessen hab ich, ein paar Flaschen „Tegernseer“ mitzunehmen. Nach Tegernsee! Und weil hier eigentlich immer mindestens wenig Leut unterwegs sind, wär es doch gut möglich, jemanden, idealerweise weiblich, vom letzten Waldfest zu treffen.

In inspirierender Gesellschaft auf dem leeren Parkplatz mit Seeblick ein oder mehr Bier aufmachen könnte ja nix Verkehrtes sein. Und hätt sich so eine Begegnung ergeben, zu zweit hat der Durscht nicht nur eine bessere Qualität, er macht nach der dritten Halben sogar einen gewissen Sinn. Wär’s, den Umständen geschuldet, ein Rausch geworden, auch egal, wär nicht das erste Mal, dass ich in ungerader Linie Richtung Bahnhof geh.

Wie ich so vor mich hin sinniere, hab ich überlegt, ob ich mal die Monika anruf. Die ist zwar lieber auf dem Leeberghof als vor einer geschlossenen Wirtschaft, aber a bisserl was geht immer. Oder auch nicht – weil sie gerne wandert und ich eher nicht. Ich hab mich mal auf dem Heimweg von Ostin derartig verwandert, dass ich mindestens lange davon Abstand nehmen werd.

Ostin! Die Roswitha! Ich glaub, die ruf ich an. Die hat eine so gut sortierte emotionale Grundausstattung, die kann einem sogar im April den Schnee schön und grün reden. Also ruf ich an – aber niemand hebt ab, nicht mal keiner. Fast schon egal, weil meine Laune mittlerweile befriedet und fast so hoch ist wie die Sonne über dem Wallberg. Den Frust über den Frost hab ich vergessen und mein Gemüt ist wieder vertikutiert. Und das nur wegen ein paar visionärer Gedanken. Das sind mal Frühlingsgefühle!

Habe die Ehre, Manfred Schauer

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