Der Juniorpartner macht sich locker

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – „#165fürAlle“ nennt sich eine Initiative von Eltern, die am heutigen Dienstag vor der Bayerischen Staatskanzlei demonstrieren wird. Es könnte laut werden, innen und außen. Außen, weil die Band von Ecco Meineke aufspielt. Innen, weil sich die Freien Wähler für die bayerische Ministerratssitzung viel vorgenommen haben. Hubert Aiwanger und die Seinen drängen auf Öffnungsschritte. Bayern soll nicht mehr strenger sein als der Bund mit seinen Regelungen in der bundesweiten Corona-Notbremse.

Eigentlich klagen die Freien Wähler ja gegen die Bundes-Notbremse. Aus prinzipiellen Gründen, sie fürchten eine Aushöhlung des föderalen Prinzips („beschneidet Freiheit der Länder“). Weil das Gesetz nun aber erst einmal gelte, müsse man sich auch dran halten – so die Meinung im Freie-Wähler-Landesvorstand, der am Sonntag eine Kursänderung beschloss. So wollen die FW, dass der Inzidenzwert für Schulen an die Bundes-Regelung „angepasst“ wird. Künftig sollen Schüler erst ab einer Inzidenz von 165 in den Distanzunterricht gehen. Die derzeitige bayerische Grenze von 100 hält Kultusminister Michael Piazolo (FW) für zu streng. „Wir haben mehr Masken, wir haben Tests, nun geht es darum, weitere Klassen in die Schulen hineinzubringen!“, sagte er unserer Zeitung. Wenn Schüler in die Schulen gingen, würden sie auch getestet, „bleiben sie zu Hause, bleiben auch Infektionen unerkannt“. Vergangene Woche hatte Piazolo noch die gegenteilige Ansicht vertreten: Der Wert 165 erschließe sich ihm nicht, hatte er unserer Zeitung gesagt. Es sei „leider kein Raum für weitere Schulöffnungen“. Er habe ja damals noch nicht gewusst, ob die Bundesregelung so auch beschlossen werde, rechtfertigt sich Piazolo jetzt. Er wolle nun aber, dass nach Auslaufen der bayerischen Infektionsschutz-Verordnung (gilt bis 9. Mai) eine neuer Kurs eingeleitet werde.

Wie relevant die neue Zahl sein kann, illustriert Folgendes: Derzeit sind nur fünf Landkreise unter 100, nur dort gehen alle Schüler in den Wechselunterricht. Bei einer Grenze von 165 wäre das – Stand gestern – in 39 Landkreisen und kreisfreien Städten möglich.

Piazolos Vorstoß wurde indes von der CSU gestern prompt zurückgewiesen. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) erklärte auf Anfrage, ab einer Inzidenz von 100 gelte in Bayern der Distanzunterricht – „und daran halten wir auch fest“. Der „Kurs der Umsicht und Vorsicht“ lasse „derzeit auch nichts anderes zu“.

Der Ausgang dieses Streits ist offen – und damit auch, ob sich der Juniorpartner der Regierung auf Verhandlungen einlässt. Die Freien Wähler möchten ja noch mehr: Mehr Sport im Freien etwa, aber auch Lockerungen bei der nächtlichen Ausgangsbeschränkung, beispielsweise eine Übernahme der Regel, das man sich draußen allein bis 24 Uhr aufhalten darf. Bayern ist hier strenger, erlaubt das nur bis 22 Uhr.

Insbesondere aber dürften Gärtnereien dem Vize-Regierungschef Aiwanger bei Auftritten künftig einen Blumenteppich auslegen, so heftig legt sich der Freie Wähler für sie ins Zeug. Geht es nach dem Landesvorstand der FW, sollen Gärtnereien „sofort“ öffnen. „Wir wissen, dass dort keine Virusherde bestehen“, erklärte Aiwanger. Auf Open Petition haben Gärtner eine Unterschriftenliste gegen die „Zwangsschließung“ gestartet. Nur Bayern gehe so streng mit Gärtnern und Blumengeschäften um.

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