Der Corona-Frust der Jugend

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Germering/München – Der heftigste Streit endete in der Notaufnahme. Ein 16-Jähriger aus Puchheim wurde bei einer Auseinandersetzung zweier Gruppen mit Messerstichen schwer verletzt (wir berichteten). Von einem 15-Jährigen. Es war nicht der einzige Vorfall dieser Art im Landkreis Fürstenfeldbruck. Seit Tagen hat es die Polizei immer wieder mit brutalen Auseinandersetzungen von Jugendlichen zu tun. Insgesamt gab es inzwischen drei Vorfälle. Nicht immer seien dieselben Jugendlichen beteiligt, berichtet die Polizei. Es scheine aber Verbindungen unter den Gruppierungen zu geben. Die Opfer schweigen.

Auch die Jugendarbeiter im Kreis Fürstenfeldbruck beobachten diese Vorfälle mit Sorge und sind nun vermehrt auf den Straßen unterwegs, um mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. „Die Pandemie wirkt wie ein Brandbeschleuniger“, erklärt Martin Rattenberger, der Leiter des Amts für Jugend in Germering. Jugendzentren und andere Anlaufstellen seien seit Monaten geschlossen, Viele Jugendlichen hätten alle ihre Hobbys und Sportmöglichkeiten verloren, die ihnen sonst helfen, Frust abzulassen. „Früher konnten wir anbieten, in unserem Tonstudio eigene Hiphop-Lieder aufzunehmen oder in unserer Werkstatt etwas zu bauen“, sagt Rattenberger. Aktuell fehle vielen jungen Menschen aber eine Möglichkeit, das Selbstwertgefühl zu steigern. Auch das könne ein Treiber für Konflikte sein.

Thomas Grüner bestätigt das. „Der Frust bei den Jugendlichen ist gerade sehr groß.“ Eigentlich leitet Grüner die Jugendbegegnungsstätte 2 in Germering. Da sie nun wegen Corona geschlossen ist, sind er und seine Kollegen verstärkt auf den Straßen unterwegs, um mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Das funktioniere auch, sagt er. Nur eben nicht täglich. Auch Einzelgespräche seien auf der Straße schwerer möglich. „In den Jugendzentren ist es leichter zu vermitteln oder Konflikte zu entschärfen.“ Er plädiert dafür, die Treffpunkte für Jugendliche so schnell wie möglich wieder zu öffnen – mit Schnelltests und Maskenpflicht.

Auch der Bayerische Jugendring fordert das schon lange. Inzidenzunabhängig, betont Vizepräsidentin Ilona Schuhmacher. „Wir können mit unseren Schutz- und Hygienemaßnahmen einen sicheren Rahmen gewährleisten.“ Wenn die Einrichtungen wieder offen wären, könnte die Jugendarbeit viele Konflikte abfangen. Mit Blick auf die anstehenden Pfingstferien betont sie: „Wir brauchen endlich eine Perspektive.“

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