Grundschul-Abi unter besonderen Vorzeichen

von Redaktion

Viertklässler erhalten heute ihre Übertrittszeugnisse – Erleichterungen beim Probeunterricht

München – Heute ist es wieder so weit: Die Viertklässler in Bayern erhalten ihre Übertrittszeugnisse. Ungeachtet aller Corona-Probleme ist weiterhin der Notenschnitt entscheidend für den Besuch von Gymnasium oder Realschule. Die Kritik daran ist lauter als sonst.

Wird diesmal alles anders? Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands, glaubt das nicht. Seit zehn Jahren ist die Übertrittsquote auf das Gymnasium wie einzementiert, pendelt zwischen 39,1 und 40 Prozent. Zuletzt lag sie bei 39,3 Prozent. Im Schnitt vier von zehn Viertklässlern melden sich am Gymnasium an, weil sie einen Notenschnitt von 2,33 oder besser haben. „Ich erwarte, dass das auch diesmal so sein wird“, sagt der Sprecher der Gymnasiallehrer.

Dabei war der Weg zu den Übertrittszeugnissen, die heute verteilt werden, steiniger als sonst. Mehrmals musste das Kultusministerium die Zahl der Proben, die in Mathe, Deutsch, Heimat- und Sachunterricht (HSU) geschrieben werden sollen, nach unten korrigieren: Erst verfügte Kultusminister Michael Piazolo (FW), dass dauerhaft künftig nur noch 18 statt 21 Proben geschrieben werden sollen. Dann wurde Pandemie-bedingt die Zahl auf 14 gesenkt. Viele Schulen kamen damit hin, wie etwa die Konradschule in Haar (Kreis München). „Wir sind ganz gut durchgekommen mit den Proben“, sagt Rektorin Andrea Zran. Sie habe „keinen Einbruch“ bei den Leistungen festgestellt.

Anders die Lage in Hochinzidenzgebieten: Beispiel Hof, wo die Inzidenzzahl lange Wochen über 300 lag (aktuell bei 250). In der Stadt sind auch die Viertklässler, die eigentlich als Abschlussklasse zählen und auch bei höheren Inzidenzwerten in den Wechselunterricht gehen können, seit Monaten nur daheim. „Wir hatten Klassen, die waren in diesem Jahr vielleicht zwei Monate in der Schule“, sagt Henrik Schödel, Bezirkschef des Lehrerverbands BLLV in Oberfranken. Daher konnten die Lehrer nur wenige Proben schreiben – in Hof etwa zehn im Schnitt, wie Schödel nach einer Umfrage unter Hofer Schulen erfuhr.

Reicht das für eine Übertrittsempfehlung aus? Kultusminister Piazolo ist der Ansicht: ja. „Auch mit zehn Proben haben wir eine valide Beurteilungsgrundlage“, sagt er unserer Zeitung. Schödel sagt: nein: „Wir hätten uns gewünscht, dass das Ministerium in diesem Jahr den Elternwillen freigibt.“ Sprich: Die Eltern sollten nach Beratung durch die Lehrer selbst entscheiden, welche Schulart ihr Kind künftig besucht – und nicht der Notenschnitt ausschlaggebend sein. „Wir selektieren doch die Viertklässler“, schimpft Schödel. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann berichtet von „vielen, vielen Gesprächen“ zwischen Eltern und Lehrern besonders in diesem Jahr. Es werde „sehr individuelle Entscheidungen“ zum Übertritt geben – ungeachtet der Noten. Trotzdem hätte sie sich ein offizielles Signal des Ministeriums gewünscht. „Das ist ein starres Festhalten am Status quo. Schade.“ Im Gegensatz dazu hält die kleinere Katholische Erziehergemeinschaft am herkömmlichen Verfahren fest. „Der Elternwille allein ist für uns keine Option“, sagt Vorsitzende Waltraud Krefting.

Es gibt aber für alle Wackelkandidaten eine letzte Chance: Wer den Schnitt nicht hat, kann in Deutsch und Mathe einen mehrtägigen Probeunterricht im Gymnasium (oder in der Realschule) besuchen. Mit einer 3 in mindestens einem Fach (im anderen reicht eine 4) hat der Schüler bestanden. Grundschulen sollen den weiterführenden Schulen in diesem Jahr vorab mitteilen, welche Themen Corona-bedingt nicht unterrichtet werden konnten – diese kleine Erleichterung hat das Ministerium den Schülern zugestanden. DIRK WALTER

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