München – Die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dass die Impf-Priorisierung in den Arztpraxen ab kommender Woche aufgehoben werden soll, sorgt bei manchen Ärzten weiter für Kritik. „Es ist eine Unverschämtheit, die Leute zu blenden und in dem Glauben zu lassen, jeder würde jetzt schneller zu seiner Impfung kommen“, sagt etwa Dr. Friedrich Kiener, Hausarzt und Leiter des Unterschleißheimer Impfzentrums im Kreis München. Denn das große Problem sei weiterhin die Impfstoffknappheit in den Praxen. Kiener hätte in seiner Praxis mit vier Ärzten Anspruch auf 200 Dosen pro Woche. Tatsächlich habe er diese Woche gerade einmal 36 Dosen bekommen. Dazu kommt die immer höhere Zahl an Zweitimpfungen, für die Dosen zurückgehalten werden müssen. „Wir verwalten seit Anbeginn eigentlich nur den Mangel, den die Politik verursacht hat“, ärgert sich Kiener.
Die Erstimpfungsquote gemessen an der jeweiligen Bevölkerungszahl der Region ist bei den niedergelassenen Ärzten in Oberbayern sehr unterschiedlich (siehe Grafik rechts mit Stand von Freitagmorgen). Hinzu kommen noch die Erstimpfungen in den Impfzentren, die in unserer Grafik nicht dargestellt sind. In Starnberg, wo insgesamt etwas mehr als 40 Prozent der Bevölkerung die Erstimpfung erhalten hat, liegt der Anteil der Hausärzte mittlerweile also bei mehr als der Hälfte.
Die starke Abweichung in den Regionen hat verschiedene Gründe, wie Dr. Axel Heise von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern erklärt. Viel hänge davon ab, wie hoch die Impfquote durch die Impfzentren bereits war, bevor die niedergelassenen Ärzte in die Impfungen mit eingebunden wurden. Deshalb sei die Gesamtimpfquote von Ärzten und Impfzentren entscheidend. Im Berchtesgadener Land etwa ist die Erstimpfungsquote der niedergelassenen Ärzte am niedrigsten in Oberbayern. Das könne laut Heise aber auch daran liegen, dass dort zusätzliche Kontingente für die Impfzentren zugewiesen wurden, was die Statistik wieder verschiebt. Heise sieht in der Verteilung weniger ein Problem als in der anhaltenden Impfstoffknappheit.
In Garmisch-Partenkirchen etwa musste eine für Montag geplante Sonderimpf-Aktion von 65 Arztpraxen wieder abgesagt werden, weil deutlich weniger Impfstoff zugesagt wurde als bestellt. Heise ist aber zuversichtlich, dass sich die Situation im Juni entspannt, wenn deutlich mehr Lieferungen kommen. pk/cf/dg