Krippen und Kitas im Ausnahmezustand

von Redaktion

VON CORNELIA SCHRAMM

München – Aus dem Stegreif kann sich Monika Blöchinger gar nicht erinnern, wann ihr Kindergarten zuletzt im Regelbetrieb war. „Mit kurzen Ausnahmen sind wir seit Dezember im Modus Notbetreuung“, sagt die Leiterin des Kindergarten Straß in Miesbach. Am Freitag lag die Inzidenz dort bei 154, weshalb nur Kinder betreut werden dürfen, deren Eltern dies nicht anders, etwa in privaten Gruppen, sicherstellen können.

Erst wenn die Inzidenz unter 100 sinkt, dürfen Kindergärten und Krippen in den „eingeschränkten Regelbetrieb“ übergehen. Dann werden zwar alle Kinder vor Ort betreut, allerdings weiter in festen Gruppen. Im Kindergarten Straß hat man den Garten mit Zäunen unterteilt, damit sich die Kinder beim Spielen nicht mischen. Erst, wenn die Inzidenz unter 50 liegt, dürften die Gruppen wieder zusammenkommen.

Bis dahin bleibt der Alltag aller Beteiligten alles andere als normal: „Wir Erzieher lassen uns zweimal die Woche testen und tragen Maske“, sagt Blöchinger. Im Unterschied zu den Schulen gibt es für die Kinder hier aber keine Testpflicht. Ist ein Kind verschnupft, darf es erst wieder negativ getestet in die Notbetreuung. Bei Heuschnupfen verschafft ein Attest vom Arzt Zutritt. „Unsere Eltern sind da zum Glück sehr verantwortungsbewusst“, sagt Blöchinger.

Viel Verständnis hat sie für alle, die ihre Kinder schon seit Monaten neben der Arbeit im Homeoffice oder zusammen mit kleineren Geschwistern betreuen müssen: „Im Vergleich zum Jahresanfang fragen deutlich mehr Eltern an, ob sie ihr Kind für ein, zwei Tage in die Notbetreuung bringen dürfen.“ Viele stoßen beruflich an ihre Grenzen. Ihre Kinderkrankentage sind verbraucht. Jede Woche plant Blöchinger die Anmeldungen deshalb neu. Ihr Team ist wegen der festen Gruppen immer vollzählig vor Ort.

„Viele scheuen sich davor, Urlaub zu nehmen“, sagt Blöchinger. Niemand will die Kollegen im Stich lassen, sollte die Inzidenz fallen. Denn wenn die Gruppen vollzählig kommen, gibt es neue Probleme: „Alle Kinder, die wir im Herbst eingewöhnt haben, waren nur eine Woche da. Mit ihnen fangen wir dann quasi von vorne an.“

Im Kreis Starnberg ist es bereits so weit. Am Freitag lag die 7-Tage-Inzidenz bei 55,6. „Wir befinden uns jetzt seit zwei Wochen im eingeschränkten Regelbetrieb“, sagt Gabriele Bödewadt. Selbst wenn die Inzidenz bald unter 50 fallen sollte, will die Leiterin des Maria-KempterKindergartens in Starnberg freiwillig am Konzept der Betreuung in festen Gruppen festhalten: „So bleiben Bezugspersonen und Spielkameraden für die Kinder gleich. Für permanente Veränderungen sind sie einfach zu jung.“ Sozial gesehen findet es die Pädagogin aber wichtig, dass alle Kinder endlich wieder „unter Kindern“ sein können. Auch wenn sich mit voller Belegung die Gefahr für die Erzieher erhöht.

Sowohl in Miesbach als auch in Starnberg versuchen die Erzieher, den Kindern trotz allem so viel Normalität wie möglich zu erhalten. Obwohl das Singen in Starnberg weiterhin verboten ist, dürfen Geburtstagskinder noch Kuchen mitbringen, sofern er auch im Ofen gebacken wurde. Die Erzieher verteilen ihn dann auf Teller und servieren ihn den Kindern.

Für Erzieher, Eltern und Kinder heißt es weiter durchhalten. In den Grundschulen findet Regelbetrieb im Gegensatz zu den Kitas schon bis zu einer Inzidenz von 165 statt. Nachmittags dürfen Grundschüler dann auch den Hort im Regelbetrieb besuchen. Dies sei vertretbar, weil Schulkinder regelmäßig getestet werden und die Abstandsregeln deutlich besser angewenden können, heißt es vom Sozialministerium. In den Kitas werde aber an der 100er-Grenze weiter festgehalten, bis geeignete Testmöglichkeiten für Krippen- und Kindergartenkinder zur Verfügung stehen.

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