Miesbach/Bad Tölz – „Jeder Gast hat ein Lachen auf dem Gesicht“, sagt Juliane Weigl vom Benediktbeurer Klosterbräustüberl. „Die Leute sind einfach glücklich, dass es nach einem halben Jahr weitergeht – und wir sind es auch.“ Am Freitag ist im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen viel gelächelt worden. Die Gastronomie im Außenbereich durfte nach einem halben Jahr Corona-bedingter Pause wieder öffnen.
Die Wirte müssen dafür einige Hürden bewältigen. „Es ist ein logistischer Wahnsinn“, sagt Monika Poschenrieder, Wirtin des Tölzer Forellenhofs Walgerfranz. Sie hat ihre Speisekarte eingedampft – weil sie nicht wirklich planen kann. Alles ist vom Wetter abhängig. Das Problem haben auch viele ihrer Kollegen. Doch alle sind sich einig: Die Gäste würden es nicht verstehen, wenn sie nicht aufmachen.
Auch Juliane Weigl vom Klosterbräustüberl rechnet nicht damit, dass sie in der nächsten Zeit nennenswert Geld verdienen wird. Trotzdem war sie am Freitag geradezu euphorisch, als endlich wieder 60 ihrer 600 Sitzplätze belegt waren. „Diese Anzahl Gäste bringen wir bei Regen notfalls auch unter Schirmen unter“, sagt sie.
Unter den Gästen in den Biergärten könnten auch einige Besucher aus dem Nachbarlandkreis Miesbach sein. Denn dort gibt es aktuell keine Aussicht auf baldige Öffnung der Außengastronomie. Die Inzidenz lag am Freitag bei 154. Das bedeutet auch für den Tourismus einen vollständigen Lockdown. Der Frust ist groß. Andere Landkreise in Oberbayern profitieren von den Urlaubern in den Pfingstferien, Miesbach darf nichts aufsperren. Statt auf die Öffnung der Fremdenzimmer und Terrassen bereiten sich die Betriebe eher auf eine Stornierungswelle vor. „Wir hatten schon einige Buchungen“, berichtet Schliersees Kuramtsleiter Mathias Schrön. Wer für die Kosten aufkommt, müssen nun Reiserechts-Experten klären. Schrön hofft nun nicht nur, dass die Inzidenz schnell sinkt – sondern auch, dass sie deutlich unter die 100 sinkt. „Ein Pendeln am Schwellenwert wäre der Mega-Gau“, sagt er. Der Imageschaden wäre gigantisch, wenn man Gäste mitten im Urlaub heimschicken müsste. Auch deswegen haben einige Gastgeber bereits entschieden, nicht vor dem 1. Juni zu öffnen. Viele Wirte und Gastronomen wünschen sich einen Öffnungstermin mit Vorlaufzeit. „Viele meiner Bierfässer sind jetzt schon abgelaufen“, sagt Romolo Marchetti, Inhaber der gleichnamigen Pizzeria. „Der Wein braucht ein paar Tage, bis er aus Italien geliefert wird. Und das Personal kann nicht von heute auf morgen wieder arbeiten.“ Er hofft auf einen Start Ende Mai – aber er ist skeptisch, ob die Zahlen bis dahin weit genug gesunken sein werden.
Warum die Inzidenz im Kreis Miesbach aktuell so hoch ist, kann auch das Landratsamt nicht erklären. Dort spricht man nach wie vor von einem „diffusen Infektionsgeschehen“. Auffällig sei, dass viele Familien betroffen sind. Florian Meier, der Versorgungsarzt des Landkreises, appelliert deshalb, die Regeln weiterhin einzuhalten – auch wenn’s schwer fällt. Das sei die einzige Hoffnung auf Öffnung. pst/sg/nap/ddy