Am Flughafen kehrt das Leben zurück

von Redaktion

START IN DIE FERIEN 4700 Starts und Landungen – 27 000 Passagiere am Samstag

VON NICO-MARIUS SCHMITZ

München – Es gibt wieder Schweinsbraten am Flughafen. Andreas Reichert, einer von zwei Geschäftsführern der Allresto, verkündet die Erweiterung auf der Speisekarte des Airbräu mit einem Lächeln. Klar, nach Monaten der Krise sind es die kleinen Dinge, die wieder Hoffnung geben. Allresto betreibt als Tochter der Flughafen München GmbH die meisten der gastronomischen Betriebe am Airport, 54 Restaurants am ganzen Campus.

In den schlimmsten Monaten 2020 habe man einen Umsatzrückgang von bis zu 90 Prozent im Vergleich zu 2019 gehabt, erzählt Reichert: „Das war die bitterste Zeit.“ Von den 54 Restaurants haben aktuell wieder neun geöffnet, vier im öffentlichen Bereich, fünf in den Abflugbereichen. Auch im Airbräu, dem größten überdachten Biergarten Europas, sitzen vereinzelt schon wieder Gäste. Die Brauerei sei der Mittelpunkt, das Herz des Flughafens, sagt Reichert. Am Vatertag haben sogar Leute aus Heidelberg angerufen, um nachzufragen, ob ihr geliebter Platz denn geöffnet sei.

Auch Sybille Nickel und die Münchnerin Sabine Wrubbel plaudern am Mittwochmorgen im Airbräu. Es sei ihr Ritual, hier vor Abflug oder nach Landung ein Bier zu trinken. Nickel, die in Green Bay arbeitet und lebt, ist vor wenigen Minuten erst gelandet. 14 Monate konnten sich die beiden Schwestern aufgrund der Pandemie nicht sehen. „Alleine, dass wir hier jetzt wieder gemütlich mit einem Bier sitzen dürfen, ist super“, sagt Wrubbel. In zwei Wochen geht es dann gemeinsam in die Luft, nach Griechenland.

Der Flughafen München rechnet während der bayerischen Pfingstferien mit 4700 Flügen von und zu 130 Destinationen. Das beliebteste Ziel: Palma de Mallorca mit 125 Starts. Seit Mittwoch ist auch erstmals Terminal 1 wieder für den Check-in geöffnet. „Es war ziemlich lange Sauregurkenzeit. Jetzt kehrt wieder etwas mehr Leben ein, da bekomme ich als Flughafen-Fan ja fast schon Gänsehaut“, sagt Ulrike Reddel, Leiterin der Passagier- und Terminaldienste. Flüge seien teilweise innerhalb von Minuten ausgebucht gewesen. Aber das Fliegen habe sich auch verändert, sagt Reddel. „Die Gäste sind verunsichert. Viele Passagiere reagieren mittlerweile genervt darauf, wenn sie auf das korrekte Tragen der Masken hingewiesen werden.“

Am Samstag werden 27 000 Fluggäste erwartet, der Tiefpunkt lag während der Pandemie bei gerade mal 2000 Gästen. Natürlich sei vor dem Wochenende eine gewisse Nervosität da, sagt Reddel: „Es war lange ruhig, nun wird es am Samstag zum ersten Mal wieder voller. Es ist zwar noch kein Ansturm, fühlt sich aber für uns so an, weil wir die Gäste unter ganz anderen Rahmenbedingungen auf ihrem Weg zum Flugzeug begleiten.“

Auch die beiden Schwestern Yvonne und Yasmin Over wollen dem Alltagstrott davonfliegen. Elf Tage Dubai, „es wird Zeit, dass man mal wieder was anderes sehen kann und zur Entspannung kommt“, sagt Yvonne Over. Den Aufschwung spürt auch Sven Zahn, Geschäftsführer der flughafeneigenen Handelsgesellschaft „Eurotrade“. Vier der 50 Shops sind aktuell geöffnet, am Wochenende kommen vier weitere dazu. „Die letzten Wochen stimmen mich zuversichtlich. Es zeigt sich, dass die Menschen bereit sind, wieder zu shoppen. Der Wunsch, zu konsumieren, ist da“, sagt Zahn.

Zurück im Airbräu, es wird langsam voller. Es gibt ja schließlich auch wieder Schweinsbraten. „Von Euphorie würde ich jetzt noch nicht sprechen, aber man hat aktuell das Gefühl: Es geht wieder voran“, sagt Reichert. Aktuell sei man noch weit davon entfernt, dass „das Ganze hier rentabel ist“. Es wird mit einer wechselnden Belegschaft und kürzeren Schichten gearbeitet, damit möglichst viele Leute wieder zum Einsatz kommen. „Wir haben gesagt, dass wir es offen lassen, auch wenn sich einzelne Tage nicht lohnen. Man muss den Herzschlag peu à peu wieder nach vorne bringen“, so Reichert. Der Herzschlag Bayerns wird ja gerne auch mal in Bier gemessen, 5000 Hektoliter hat Airbräu letztes Jahr produziert. Wie viel davon 2020 getrunken wurde? „So wenig, dass ich gar nicht nachgefragt habe. Das war zu bitter“, sagt Reichert lachend.

Aktuell wird wieder gebraut. Der malzige Geruch steigt den Passagieren vor Abflug in die Nase. Es geht aufwärts am Flughafen.

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