SO SCHAUT’S AUS!

Ein radlfreier Sonntag

von Redaktion

VON MANFRED SCHAUER, DEM SCHICHTL VON DER WIESN

Ich bin nicht unbedingt ein Romantiker, aber gern denk ich an die Zeit zurück, als die Radler noch mit dem Radl geradelt sind. Im Zuge der trafikalen wie auch sprachlichen Evolution sind heutzutage fast nur noch Biker unterwegs. Radl-Geschäfte gibt‘s kaum noch, dafür Bike-Stores mit höchst tiefsinnigen Namen.  Der Werdegang vom Radeln zum Biken ist ungefähr so krass wie von Gottlieb Daimler zu den Wichten von Auto-Posern. Im Gegensatz zum Autoverkehr hat sich der Gesetzgeber zum Radverkehr wenig einfallen lassen. Das automobile Treiben wird akkurat überwacht und ist bei Autos per Kennzeichen leicht kontrollierbar. Beim zunehmenden Radverkehr vermisse ich begleitende, dem Autoverkehr adäquate Maßnahmen.  Allerdings: Nix ist so sicher, wie auf sich selbst aufzupassen. Dazu scheinen aber viele Radler weder Lust noch Einsehen zu haben, sie überlassen anderen die Auf- und Vorsichtspflicht, zunehmend auch anderen Pedalisten gegenüber. Schaun wir es doch mal so an: Der Mensch per pedes, also fast jeder, mutiert zu einem anderen Ich, sobald er seinen Hintern auf einen Sattel oder ins Auto schwingt. Ausgerechnet aber die, die bei einem Unfall meistens den Kürzeren ziehen, sind halt nach wie vor Radfahrer – und nicht selten auch noch selber schuld, zunehmende Fahrerflucht inklusive.  Einen subtilen Status Quo haben die Rennradler. Vorhandene Radwege sind tabu, im Rudel die Spur beanspruchen sowieso, ansprechen darauf auf gar keinen Fall. Die sind fit wie die Sau! Das hat mir der Sepp gesagt, der ist ein Mischwesen! Der geht zu Fuß, radelt, fährt Auto, sogar Ski, versteht aber auch nicht, warum der rollende Mensch so anders wird. Da hat jemand einen Helm auf wegen der Sicherheit, fährt aber bei Rot über die Ampel, nachts ohne Licht gegen die Einbahnstraße, auf dem Gehweg. Und fast schon kriminell: Autisten, oder sind es Masochisten, mit Kopfhörern auf, die ungefähr gar nix mehr mitkriegen.  Und warum? Weil München Radl-Hauptstadt und Radl-Rambo deswegen ein etablierter Begriff ist?  2019 bin ich an einem Sonntag eine für Autos gesperrte Teilstrecke auf dem Mittleren Ring mitgeradelt. Ein hirnrissiges Unterfangen! Vielleicht „die“ Animation für immer mehr Radfahrer auf den Autobahnen, falls mein Radio nicht lügt. Hässliche Umgebung dauernd, entspannte Mittreter schon auch, aber kumulierter Frustabbau als therapeutische Maßnahme gar nicht. Was sich die Veranstalter dabei gedacht haben, ist mir bis heute ein Rätsel. Wohl kaum, Verständnis auf die Sicht der Autofahrer herzustellen.  Die letzten Fetzen Disziplin sind gegen Ende der Veranstaltung hopsgegangen, als auf dem Heimweg die Profitreter uns Speichenheinis mal gezeigt haben, was Sache ist. Der Klassiker. Außerhalb von Beobachtung wird die Sau rausgelassen, die Anonymität ist der beste Kumpel. Sehr schade für die umsichtigen und eiligen, aber nicht rasenden Pedaleure. Zu leicht schert man halt alle über einen Kamm.  DIE Idee hab ich: ein radlfreier Sonntag! Das wär zwar fast schon Blasphemie, aber mal schaun, ob Radler und Biker das mit derselben Demut wie die geächteten Autofahrer hinnehmen. Da würde der grüne Heiligenschein leuchten wie ein Adventskranz. Dazu: Ich fahr gerne und viel Radl, ich geh zu Fuß und fahr immer weniger mit dem Auto. Allerdings, nix im Straßenverkehr fürcht ich mehr als die anderen Radler.

Habe die Ehre, Manfred Schauer

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