Playmobil erzählt Bayerns Geschichte

von Redaktion

VON CORNELIA SCHRAMM

Künzing – 7,5 Zentimeter groß, aus Kunststoff und menschenähnlich: Um die bunten Figuren von Playmobil dreht sich Oliver Schaffers Welt. Seit er drei Jahre alt ist, sammelt er sie. Damals bekam der heute 42-Jährige Raubtierwagen, Schäfer und ein Zoo-Set zu Weihnachten geschenkt. Kurze Zeit später gründete der Bub damit seinen eigenen Zirkus. Hier waren seiner Fantasie nie Grenzen gesetzt. Das Playmobil-Universum hielt immer passendes Zubehör bereit: „Ich ließ Cowboys durch die Manege reiten und Indianer als Messerwerfer auftreten. Vor dem Zelt standen natürlich Sanitäter für Unfälle bereit“, erzählt Schaffer heute.

Dass er dieses Hobby einmal zum Beruf machen würde, hätte er sich nie träumen lassen. Mit einem Brief, den Schaffer als Kind an den Playmobil-Hersteller schrieb, fing alles an. Darin berichtete er von seinem geliebten Zirkus. Als 2004 die Kunststofffiguren dann ihren 30. Geburtstag feierten, grub das Unternehmen die alte Fanpost wieder aus. „Ich bekam die Anfrage, ob ich den Zirkus noch besitze und Lust hätte, ihn zum Jubiläum auszustellen.“

Der Musicaldarsteller willigte ein und fing Feuer, denn einmalig blieb die Aktion keinesfalls. Seine Figuren stellt Schaffer in Museen aber nicht einfach nur in Vitrinen. Er kreiert Landschaften, sogenannte Dioramen. „Im Gartencenter bin ich Großkunde“, sagt er. „Heimtierstreu, Moos, Pinienhumus, Douglasienrinde und Aquariensand helfen mir, den Kunststoff zum Leben zu erwecken.“

„Jedes Diorama ist mit einer Rückwand versehen und zieht einen in diese Welt hinein“, sagt Schaffer. Schon 2009 erhielt er dafür den „Künstler-Ritterschlag“, stellte er da doch einen Teil seiner Sammlung im Westflügel des Pariser Louvre aus. Nach 48 Ausstellungen besitzt der gebürtige Kieler mit mehr als 300 000 Figuren und über einer Million Einzelteile die größte private Playmobil-Schausammlung der Welt.

Mit 50 Kisten voller Playmobil – jede von ihnen fasst 130 Liter – ist Schaffer jetzt erstmals nach Bayern gereist. Bis er seine „Archäologische Zeitreise“ im Museum Quintana in Künzing (Kreis Deggendorf) präsentieren kann, baut er drei Wochen lang 5000 Figuren und 50 000 Einzelteile auf. Dem Besucher muss er die Zeitreise historisch korrekt vermitteln. Eingangs erklärt er so den Unterschied zwischen Archäologen und Paläontologen.

„Meine Ausstellungen sind immer mit den regionalen Begebenheiten des Ausstellungsortes verknüpft“, sagt Schaffer. „Die aktuelle Ausstellung beginnt etwa mit einer Zeit, in der Bayern noch aussah wie die Karibik.“ Es ist die Zeit des berüchtigten Dinosauriers T-Rex. Weil es den im damaligen Bayern aber gar nicht gab, darf der Playmobil-Künstler nur Langhälse und Flugsaurier zeigen.

Auch mit der Steinzeit nahmen es Schaffer und Museumsdirektor Roman Weindl genau: Geschliffene Steinbeile gibt es seit der Jungsteinzeit. Davor kamen Knochenbeile zum Einsatz. Hühner und Pferde wurden in der Bronzezeit domestiziert. Auch das Rad wurde da erst erfunden. „Klar, eine gewisse Abstraktion bleibt immer erhalten, aber wir legen Wert auf kleine Spitzfindigkeiten“, sagt Weindl. Sollte das Playmobil-Universum ein Objekt nicht bereithalten, braucht es eine Sonderanfertigung.

Weil zur Römerzeit in Künzing keine Legionäre, sondern nur Hilfssoldaten lebten, dürfen diese in der Ausstellung keine eckigen Schilder, sondern nur Rundschilde tragen. 60 davon musste Schaffer eigens anfertigen und bedrucken. Das Mittelalter hat es ebenfalls in sich: „Playmobil-Ritter tragen Plattenrüstungen – die Ritter in Künzing Mitte des 13. Jahrhunderts aber Kettenhemden“, sagt Weindl. Mit Acryllack zum Aufsprühen macht Schaffer es möglich.

Mit Playmobil den Bogen zwischen Kunst und Geschichte spannen, das macht für Schaffer den Reiz aus: „Kinder und Erwachsene lieben Playmobil. Es lockt sie ins Museum und kann sonst trockene Themen anschaulich vermitteln.“ Und auch, wenn sein Herz nicht an einer bestimmten Figur hängt, die Begeisterung für seine Arbeit merkt man ihm an. „Leider darf nichts für immer stehen bleiben“, sagt Schaffer. Wenn Besucher in seiner Ausstellung aber genauso viel lernen wie er selbst, dann ist er glücklich.

Die Ausstellung

ist bis September im archäologischen Museum Quintana in Künzing zu sehen. Aktuelle Öffnungs-Informationen unter www.museum-quintana.de. Wenn das Museum geschlossen ist, gibt es virtuelle Führungen.

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