München/Kufstein – Fünf Tage mit Blockabfertigung an der Grenze Kiefersfelden/Kufstein gab es in den vergangenen Tagen, fünf Tage mit teils 30 Kilometer langen Rückstaus auf bayerischer Seite – und es wird nicht das letzte Mal so gewesen sein. Das legt eine Mitteilung der Tiroler Landesregierung nahe, in der es heißt: „Die Dosierung des Lkw-Verkehrs hat sich damit einmal mehr bewährt.“ Und weiter: „Die Lkw-Blockabfertigungen als Notwehrmaßnahme bleiben weiterhin alternativlos.“
Für das zweite Halbjahr 2021 haben Regierungschef Günther Platter (ÖVP) und die Verkehrsministerin Ingrid Felipe (Grüne) weitere Termine für Blockabfertigungen bekannt gemacht. An insgesamt 16 Tagen sollen die Lkw ab Kufstein-Nord nur „dosiert“ rollen. Nur je 250 bis 300 Lastwagen pro Stunde werden dann durchgelassen.
Zahlen der Asfinag-Mautzählstelle Schönberg an der Brenner-Autobahn A 13 belegen, dass der Lkw-Verkehr trotz Corona mit zunehmender Stärke durch Bayern und Tirol rauscht. So wurden im April 2021 mit 206 590 Brummis gut 4000 Lkw mehr gezählt als im Vergleichsmonat April 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie. Hält der Trend an, so werden 2021 mehr Lkw durch das Inntal fahren als im bisherigen Rekordjahr 2019. Da waren es 2,47 Millionen. Für Platter und Felipe ist das ein Beleg dafür, dass „sich der Schwerverkehr auf der Straße von der Corona-Pandemie nicht einbremsen lässt“.
Um die Blockabfertigung gibt es seit jeher viel Streit. Bayern und Tirol überziehen sich mit Vorwürfen, in der Verkehrspolitik untätig geblieben zu sein. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hatte zuletzt sogar die EU-Kommission aufgefordert, gegenüber Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten – bekam aber eine Absage. Beide Seiten betonen, letztlich sei die Bahnverladung die einzige Alternative zur Lkw-Lawine auf der Straße. Doch genau dort gibt es keine Fortschritte, wie jüngste Zahlen zeigen. Im Gegenteil.
Die umweltfreundliche Alternative – die Verladung der Lkw auf die „Rollende Landstraße“, Rola genannt, ist in einer Krise. Die „Rollende Landstraße“ schafft es nicht ansatzweise, die Flut an Lastwagen zu bewältigen. Aus dem Tiroler Verkehrsbericht für 2019 geht hervor, dass in Wörgl – der einzigen Verladestation in der Region – im ganzen Jahr 2019 nur 124 873 Lastwagen per Bahn transportiert wurden – die Mehrzahl (115 711) nach Brennersee, ein kleiner Teil (9162) weiter bis nach Trento. Die Gesamtzahl der beförderten Lkw ist gegenüber 2018 sogar rückläufig. Insgesamt übernimmt die „Rola“ also nicht einmal so viele Lkw in einem Jahr, wie in einem einzigen Monat über die A 93, die Tiroler A 12 und die Brennerautobahn A 13 in Richtung Süden (oder zurück) rauschen. Der regionale Sprecher der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) bemüht sich, dennoch positive Nachrichten zu verbreiten. „Aktuell liegen wir wieder in etwa bei Mengen von Vor-Corona“, betont Christoph Gasser-Mair. „Auf der grenzüberschreitenden Achse Wörgl-Trento haben wir seit 6. April unsere Leistungen verdoppelt und fahren ein Zugpaar pro Tag.“
Allerdings sei man „jederzeit bereit und auch in der Lage, zusätzliche Menge zu übernehmen“. Es sei „evident“, betont der Sprecher, dass die Auslastung der Rola „direkt mit den Rahmenbedingungen auf der Straße“ zusammenhänge, insbesondere mit Fahrverboten und deren Kontrolle.