Gepunkteter Doppelgänger

von Redaktion

Asiatischer Marienkäfer breitet sich in Europa stärker aus

München – Marienkäfer sind beliebt. Schließlich bringen sie erstens Glück und vertilgen zweitens jede Menge Blattläuse. Doch Marienkäfer ist nicht gleich Marienkäfer: Bei uns gibt es 70 Arten, weltweit sogar 4500. „Das glaubt man gar nicht“, sagt Angelika Nelson. Die 45-Jährige ist Biologin und arbeitet für das Referat Artenschutz des Landesbund für Vogelschutz (LBV). „Aber es gibt unheimlich viele Variationen, etwa bei den Farben oder bei der Anzahl der Punkte.“ An sich eine schöne Sache, denn je größer die Artenvielfalt, desto besser.

Nur hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch eine fremde Art bei uns breit gemacht, der Asiatische Marienkäfer. Und bei dem ist nicht ganz klar, ob er nicht für Ärger sorgen wird. Zu uns gekommen ist dieser kleine Käfer unfreiwillig; er wurde im vergangenen Jahrhundert bewusst eingeführt. Als biologischer Schädlingsbekämpfer, erklärt Nelson, „denn er ist gefräßig und nicht sehr wählerisch, er frisst fünfmal so viele Blattläuse wie unser heimischer“. Dieser Vielfraß ist der Schädlingsbekämpfung ausgebüxt und hat sich in den vergangenen 20 Jahren in ganz Europa verbreitet. Er ist derjenige, der im Herbst zu Schwärmen zusammenkommt und plötzlich in Massen am Fensterrahmen sitzt. Das ist an sich kein Problem – doch er hat noch andere, unschöne Eigenschaften. Wenn es etwa nicht genug Blattläuse gibt, frisst das Tierchen munter alles andere, was ihm so unter die Beißwerkzeuge kommt, etwa Insekten, Insekteneier, oder Obst. „Bei Weinbauern ist er gar nicht beliebt“, erzählt Nelson, „denn er geht auch gerne an Weintrauben.“ Nicht, dass er die ganze Ernte wegfrisst; aber wenn er bei der Lese unter die Trauben gerät und mit verarbeitet wird, versaut er mit seiner bitter schmeckenden Lymphe den Wein.

Und: Vielleicht fressen er und seine Larven im Notfall gar die Larven unserer heimischen Marienkäfer? Man weiß es nicht. „Man weiß überhaupt noch nicht so viel“, sagt Nelson. Doch das soll sich nun ändern. Zunächst wollen die Artenschützer herausfinden, wie oft der Asiatische Marienkäfer schon bei uns vorkommt. Dann erst kann man überlegen, ob man etwas gegen ihn unternehmen muss.

Helfen soll dabei der Insektensommer. Nelson und ihre Kollegen vom LBV organisieren ihn nun zum vierten Mal: Dabei nehmen sich Bürger eine Stunde Zeit, um auf dem Balkon, im Garten oder im Park Insekten zu zählen. „Am besten, man krabbelt man dabei auf allen Vieren durch die Wiese“, sagt Nelson schmunzelnd. Die Aktion ist also perfekt für Familien. Man muss sich vorher einen festen Platz aussuchen mit maximal zehn Metern Radius, und dann jede Insektenart aufschreiben, die man sieht. Aber Achtung, nur die Anzahl der Exemplare, die man gleichzeitig erblickt. „Denn ansonsten zählt man ein und denselben Käfer jedes Mal, wenn er vorbeifliegt, wieder“, erklärt Nelson.

Dieses Mal sollen die Teilnehmer auch ein Auge auf die verschiedenen Marienkäfer haben. Der Asiatische und unser Sieben-Punkt-Marienkäfer sind gut zu unterscheiden. Etwa hat der Asiatische einen weißen Kopf, auf dem ein schwarzes „W“ gezeichnet ist; unser Marienkäfer hat einen schwarzen Kopf mit zwei weißen Fleckchen. Der eingewanderte ist eher orange und hat verschieden viele Punkte; unserer ist knallrot. Die meisten heimischen Marienkäfer haben sieben Punkte – je drei pro Flügel und einen auf der Rückenmitte. Wegen dieser sieben Punkte gilt er vermutlich als Glücksbringer; die Sieben ist eine heilige Zahl. Vielleicht bringt sie auch ihm selbst das gewisse Quäntchen Glück, um vom Eindringling nicht untergebuttert zu werden. NINA PRAUN

Der Insektensommer

findet noch bis 13. Juni statt. Weitere Infos und Zählhilfs-Plakate unter lbv.de/insektensommer

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