Eine Impfaktion im Visier der Justiz

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – An das Luxus Resort Forte Village erinnert sich vielleicht der ein oder andere Fußballfan: 2006 residierte hier die deutsche Nationalmannschaft vor der Fußball-WM. Neuerdings ist die Anlage wieder in die Schlagzeilen geraten: Am 21. Mai ließ die Hotelleitung 120 Beschäftigte nach München einfliegen. Sie erhielten im Hilton-Hotel, das zwischen dem Terminal 1 und 2 liegt, eine Dosis Biontech gespritzt, wie der Münchner Arzt Dr. Udo Beckenbauer einräumte. Er hatte sogar behauptet, das Bundesgesundheitsministerium sei eingeweiht gewesen – was das Haus von Minister Jens Spahn scharf dementierte.

Mittlerweile ist Dr. Beckenbauer wortkarg. Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, bei der erst seit September eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen eingerichtet ist, ermittelt wegen Verdachts der Unterschlagung von Impfstoff, Bestechung und Bestechlichkeit.

Im Einzelnen sind folgende Personen im Visier der Ermittler, die am Freitag mehrere Objekte in München durchsuchten und schriftliche und elektronische Unterlagen beschlagnahmten: Ein Münchner Apotheker, der Biontech unterschlagen haben soll sowie ein Arzt, der Impfstoff von dem Apotheker angekauft haben soll – das wäre schon deshalb strafbar, weil der Impfstoff den Apotheken unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Ferner wird gegen weitere Ärzte ermittelt, die bei der Impfung im Hilton halfen. Und schließlich läuteten Staatsanwälte sowie Polizisten am Freitag auch bei einem Rechtsanwalt, der den Vertrag für die Impfaktion entworfen hat. Namen wurden nicht genannt.

Dass die Impfaktion professionell organisiert worden war, konnte man schon den Aussagen des Resort-Managers Domenico Bagala im italienischen Fernsehsender Rai entnehmen. „Um 9 Uhr haben wir den Flieger in Cagliari genommen, um 11 Uhr waren wir in München, um 12.30 Uhr war alles schon vorbei. Pause mit bayerischem Bier. Um 17 Uhr sind wir mit unserem Impfnachweis nach Cagliari zurückgereist.“ Spekulationen, die Impfaktion sei vielleicht doch legal, weil ja EU-Bürger geimpft wurden, wies die Staatsanwaltschaft zurück: „Die geimpften Mitarbeiter des italienischen Hotels waren nicht impfberechtigt und hatten daher, unabhängig von der Impfpriorisierung, in Deutschland keinen Anspruch auf eine Impfung.“

Möglicherweise werden die Ermittlungen auch gegenüber den Drahtziehern auf italienischer Seite ausgeweitet. Oberstaatsanwalt Matthias Held ergänzt gegenüber unserer Zeitung: „Wir prüfen, inwieweit der Kreis der Beschuldigten erweitert werden muss.“

Artikel 1 von 11