Ottenhofen – Es gibt nur etwa zehn Häuser in Siggenhofen, einem Ortsteil von Ottenhofen. Denen aber soll jetzt ein Licht aufgehen – und zwar in Form von vier Straßenlaternen. „Das sind aber nur Funzeln.“ So versichert es Bürgermeisterin Nicole Schley. Und trotzdem: Die Laternen könnten der Ansatzpunkt sein, der den Anwohnern viel Geld erspart. Oder auch kostet – je nach Ausgang des erbitterten Streits, der schon länger andauert und sich zuletzt an den Laternen entzündete.
Franziska Pichlmair ist Landwirtin im Nebenerwerb und resolute Gegnerin des Straßenbaus in Siggenhofen. Der sei ohnehin „überdimensioniert“, ärgert sie sich. Sie fürchtet die Kosten – fast 90 000 Euro kommen auf sie zu, hat die Gemeinde errechnet. Eine Beleuchtung hält die Anwohnerin auch nicht für notwendig. Wieso auch? Schon seit Jahrzehnten leben die Anwohner der Straße „Am Loh“ ohne Beleuchtung, nie gab es einen Unfall. „Wir brauchen keine Laternen“, sagt Franziska Pichlmair, die auch eine Petition dagegen gestartet hat. Sie spricht von „Lichtverschmutzung“, hat sogar den Verein „Paten der Nacht“ eingeschaltet, der aus Gründen des Insektenschutzes für eine lichtfreie Nacht kämpft.
Bürgermeisterin Nicole Schley kennt die Klagen. „Wir hatten aber keine Wahl“, sagt sie. Der Gemeinderat hat die Ersterschließung der Straße einstimmig beschlossen. Die Straße war zu eng, sagt die Bürgermeisterin. Rettungsfahrzeuge könnten Probleme haben. Daher rückten die Bagger an.
Ersterschließung bedeutet: die Straße wird erstmalig komplett ausgebaut – „von A bis Z“, wie die Rathauschefin sagt. Sie listet auf: frostsicherer Untergrund, Entwässerung, eine Begrenzung der Straße und eben eine Beleuchtung – all das sind Pflichtpunkte bei einer Ersterschließung. Daher „können wir die Laternen nicht einfach weglassen“. Denn dann könnten die Kosten nicht auf die Anwohner umgelegt werden. Die einzige Alternative wäre, dass die Allgemeinheit, sprich alle Bürger von Ottenhofen, für die Baukosten in Höhe von weit über 200 000 Euro aufkommt. So ein Vorgehen, so sagt Nicole Schley, würde aber die Kommunalaufsicht niemals erlauben.
Das Problem ist bekannt – nicht nur in Siggenhofen. „Es gibt ständig Ärger um die Ersterschließung“, sagt Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag. Der Verband hat sogar eine eigene Referentin, die strittige Fälle mit den Kommunen klärt. Die Ersterschließung war auch schon ein Politikum. 2018 forderten die Freien Wähler, neben dem Aus für die Straßenausbaubeiträge auch die Ersterschließung von Straßen, die älter als 25 Jahre sind, nicht mehr auf die Anwohner umzulegen. Doch die CSU stoppte den Plan.
In Ottenhofen hat Bürgermeisterin Nicole Schley ihr Vorgehen von der Regierung von Oberbayern überprüfen lassen. Ergebnis: Eine Straßenbeleuchtung sei in der Satzung der Verwaltungsgemeinschaft Oberneuching, zu der Ottenhofen gehört, „zwingendes Merkmal der erstmaligen endgültigen Herstellung“ einer Ersterschließung. Dies sei „nicht zu beanstanden“.
Die Laternen werden also – Stand jetzt – kommen. Immerhin: Sie werden nur bis 23 Uhr leuchten, sind außerdem LED-Lampen mit Warmlicht und dimmbar. Insekten, so versichert es die Bürgermeisterin, werden da nicht sterben.