München – Wie kann ein Patient auf dem Land von den Innovationen der Medizin profitieren, ohne in ein großes Krankenhaus zu müssen? Auf welchen Wegen können Landärzte ihre Kollegen an Universitätskliniken für eine Expertise erreichen? Wie können Mediziner Innovationen der Forschung flächendeckend an den Patienten bringen? „Brückenschlag“ heißt ein Projekt, das auf diese Fragen Antworten geben will.
Der Name steht für die Zusammenarbeit des Klinikums rechts der Isar (MRI) mit dem Krankenhaus Weilheim-Schongau und dem dortigen Ärztlichen Kreisverband. Ein Modellprojekt, das zukunftsweisend sein könnte für die Vernetzung medizinischer Versorgungsstrukturen. Landrätin Andrea Jochner-Weiß hatte das Projekt angestoßen, Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat die Schirmherrschaft übernommen.
Ein Beispiel-Szenario: Ein Mann mit Verdacht auf Schlaganfall wird in das Krankenhaus Weilheim eingeliefert. Über eine Videoschalte werden Ärzte im MRI hinzugezogen. Gemeinsam entscheiden sich die Mediziner für eine Lyse des für den Schlaganfall verantwortlichen Gerinnsels im Gehirn als Soforttherapie. Außerdem soll der Blutpfropfen mit einem Katheter entfernt werden. Im Krankenhaus Weilheim gibt es aber die dafür notwendigen technischen Geräte nicht. Deshalb macht sich ein Spezialist aus München auf den Weg – mit viel Erfahrung und dem nötigen Instrumentarium. Der Patient kann innerhalb kürzester Zeit optimal versorgt werden. Beim Schlaganfall ein wesentlicher Faktor für die Genesung.
„Unser Ziel war, ein Modell aufzubauen, das zeigt, dass es für den Patienten von Nutzen ist, wenn man das ländliche Gesundheitssystem mit einem Maximalversorger verbindet“, erklärte Professor Dr. Markus Schwaiger, Ärztlicher Direktor des MRI. Weil zur medizinischen Versorgung auch die Arztpraxen gehören, ist deshalb bei dem Modellprojekt der Ärztliche Kreisverband Weilheim-Schongau mit mehr als 800 Ärzten involviert. „Wir brauchen eine nahtlose bedarfsgerechte Vernetzung der Versorgung“, sagte deren Vorsitzender Dr. Karl Breu. Das will „Brückenschlag“ ermöglichen. Denn für den Patienten sei die Trennung von Krankenhaus, universitärer Klinik und niedergelassenem Arzt nicht nachvollziehbar, sagte Professor Schwaiger. Ein kranker Mensch wünsche sich nur die beste Versorgung.
Eine Voraussetzung dafür erläuterte Professor Dr. Andreas Knez, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Weilheim: Strukturen, die den schnellen Kontakt von Medizinern am Land zu hochspezialisierten Kollegen am MRI möglich machen – auch diese soll „Brückenschlag“ aufbauen. „Es ist eine Begegnung auf Augenhöhe“, lobte er. So kommen auch Ärzte des MRI nach Weilheim, um die Strukturen dort kennenzulernen und die Kollegen bei neuen Therapien zu unterstützen. Konkurrenz um Patienten befürchtet keiner. Vielmehr könne „Brückenschlag“ das MRI auch entlasten. In einer Uniklinik herrscht oft Bettennot. Wenn ein Patient in seiner Heimatregion behandelt werden kann und nicht nach München muss, ist das für alle von Vorteil – ganz besonders für den Patienten. CHRISTINE MERK