Glühende Gipfel zu Johanni

von Redaktion

VON NINA PRAUN

Wallgau – Wer kraxelt schwer beladen rauf auf die Gipfel, nur um dort oben, auf fast 2000 Metern, Feuer zu entfachen? Nun: die Wallgauer. „Wir sind halt harte Hund“, sagt Hans Zahler vom Wallgauer Johanniverein schmunzelnd. Wie auch die Grainauer, die Mittenwalder und viele andere, muss man dazu sagen – sie alle sorgen seit Jahrzehnten am Abend vor Johanni dafür, dass die Berge in den Alpen erglühen. Auch gestern Abend haben sich in Wallgau etwa 20 Burschen in die Berge aufgemacht, um die Johannifeuer auf neun Gipfeln brennen zu lassen, auf der Ochsenstaffel, den Plüschköpfen, der Schöttlkarspitze und der Gamsscharte. Wobei, „Burschen“ ist relativ: Der jüngste Kraxler ist 15, der älteste 72 Jahre alt.

Hans Zahler blieb derweil unten im Tal. Der 59-Jährige war jahrzehntelang in den Gipfeln dabei, doch seit 15 Jahren hat er den Vorsitz und muss nun von unten aus alles organisieren. Bis vor einer Woche wusste er noch nicht einmal, ob die Feuer wegen der Corona-Vorschriften stattfinden können; doch da es nicht um eine Dorffeier geht, sondern nur eine geschlossene Gruppe auf den Berg steigt, sind diese Johannifeuer legal. „Bei uns geht’s ja nicht wie bei anderen Sonnwendfeuern ums Essen und Trinken“, sagt Zahler. Nein, bei den Wallgauern geht es um die Optik. Den Brauch, zu Johanni Feuer zu entzünden, gibt es schon seit dem Mittelalter; doch seit etwa 50 Jahren steigen die Wallgauer dafür in die Berge. „Die ersten Feuer fanden an der Maxhütte statt, die ist nur 20 Minuten weg“, erzählt Zahler. „Aber dann ist man immer extremer geworden.“

Denn je höher die Feuer brennen, desto mehr Leute können sie sehen. Außerdem gibt es noch eine Art internen Wettbewerb zwischen den Gemeinden im Landkreis: Wer legt die höchsten Feuer, wer kommt an die schwierigsten Stellen? Ein echtes Abenteuer. „Das ist für die Jungen natürlich eine Herausforderung“, sagt Zahler.

Wobei trotz allem die Sicherheit das Wichtigste ist. „Bei uns ist noch nie etwas Schlimmes passiert“, sagt Zahler. Sicherheit für die Männer – und für die Natur. Mittlerweile schleppen die Burschen kein Feuerholz mehr hinauf, sondern kleine Säcke, gefüllt mit Sägespäne und Biorapsöl. Sie werden sicher in Schüsseln verbrannt, alle etwas versetzt. „So schaut es von unten aus wie ein riesiges Feuer“, erklärt Zahler. „Der Berg wirkt wie beleuchtet.“ Und die Wallgauer, die harten Hund, haben wieder ein Johanni-Abenteuer überstanden.

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