München – An der jüngsten Entwicklung bei den Luftreinigern im Klassenzimmer dürfte ein FDP-Bildungspolitiker nicht unschuldig sein. Matthias Fischbach, 32, Abgeordneter aus Erlangen, hatte mit einer parlamentarischen Anfrage vergangene Woche erfahren, dass Bayern bei dem Kauf von Luftreinigern hinterherhinkt. Nur rund 14 000 Geräte gibt es bisher an bayerischen Schulen – bei knapp 80 000 Klassenzimmern. Manche Kommunen, so die Stadt München oder der Landkreis Weilheim-Schongau, weigerten sich bisher, den Kauf anzuschieben.
Das soll sich nun schnell ändern. Ministerpräsident Markus Söder versprach gestern „ab September einen mobilen Lüfter in jedem Klassenzimmer“. Er hatte am Wochenende gegenüber unserer Zeitung sogar eine Einbau-Pflicht in die Überlegung eingebracht. Davon war gestern nicht mehr die Rede – denn bei einer Pflicht müsste der Freistaat die Lüfter (Kosten: 1000 bis 4000 Euro je nach Gerät) alleine bezahlen. Einen 50-prozentigen Zuschuss soll es jedoch geben. Etwa 60 000 Geräte würden noch benötigt, schätzt Kultusminister Michael Piazolo (FW). Kommentar des FDP-Politikers Fischbach dazu via Twitter: „Das wird eine Herkulesaufgabe“, so viele Lüfter „in nur etwa zwei Monaten zu organisieren“.
Nicht thematisiert wurde gestern, ob es so viele Geräte am Markt gibt und wer die Wartung bezahlt. Es werde Gespräche mit den Kommunen geben, kündigte Piazolo an. Es gebe keine Einbaupflicht, „aber es ist kein Wunsch, sondern deutlich mehr“. Auch von einer weiteren Problematik war gestern nicht die Rede: der Ausschreibung. Im Landkreis Weilheim-Schongau etwa warnt der Kämmerer, beim Kauf von 450 Geräten für alle Klassenräume im Landkreis sei eine europaweite Ausschreibung notwendig. Es werde Sommer 2022, bis der Geräte installiert seien.
Kritik wird indes an der Entscheidung des Kultusministeriums laut, die derzeit 690 Lizenzen von MS Teams zum Schuljahresende auslaufen zu lassen und nicht zu verlängern. MS Teams von Microsoft hatte im Herbst und Winter den Distanzunterricht vieler Schulen gerettet, weil es mehr Funktionen als das ministeriumseigene System Mebis hat und zuverlässiger funktionierte. Nun will das Ministerium MS Teams durch das neue System Visavid ersetzen. Kommunen können den Schulen weiterhin MS Teams anbieten, müssen das jedoch dann selbst bezahlen. Die Stadt München hat schon erklärt, ihren Schulen künftig nur mehr Visavid nahezulegen, aber nicht mehr MS Teams.
Visavid wurde von einer Neumarkter Softwarefirma entwickelt. Wie viel das Kultusministerium dafür zahlt, ist geheim. Der Digitalisierungsexperte des BLLV, Florian Zeindl, hat jedoch Bedenken gegen die neue Lösung. So hat Visavid beispielsweise keine Gruppenräume. Auch gibt es keine App. Zeindl denkt, dass dies für jüngere Schüler ein Nutzungs-Hindernis ist. Der Experte warnt davor, den Unterricht „zurück in die digitale Steinzeit“ zu katapultieren, und erklärt: „Eine echte Alternative zu Teams hat kein deutsches Kultusministerium zu bieten.“ (mit set)
Ministerium will MS Teams ersetzen