Forstern – Andreas Herbrecht ist begnadeter Pilzsucher. Schon als kleiner Bub lief er mit seiner Mutter gerne durch den Wald. Den Blick immer gen Boden gesenkt, um auch genug Schwammerl für die geliebte Suppe zu finden. Reherl, Steinpilze, Champignons und Rotkappen landeten damals in seinem Korb. Heute kennt der 60-Jährige aber weitaus mehr Pilzsorten – und ist seit vorigem Jahr sogar offiziell „Pilzberater“ der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft.
Im Lockdown kam dem Taxi-Fahrer aus Forstern (Kreis Erding) die Idee, seine Kenntnisse in Sachen Pilzkunde noch etwas auszubauen. „Für den Schein musste ich eine mehrtägige Schulung besuchen und am Ende die Theorie- und Praxisprüfungen schaffen“, erzählt er. Das gelang Herbrecht vorigen Oktober dank seines Vorwissens auf Anhieb. Seitdem ist er in Erding Anlaufstelle für alle Pilzsammler, die auf Nummer sicher gehen wollen. Als Pilzberater inspiziert er ihre Körbe genau und erklärt, was von der Ausbeute auch gefahrlos verspeist werden darf.
„Die Schwammerlsaison nimmt wegen des Wetters gerade wieder an Fahrt auf: Viele Sammler schicken mir Bilder von Pilzen, die sie nicht kennen, auf das Handy“, sagt Herbrecht. „Aber die muss ich dann erst einmal enttäuschen, weil ich online leider keine Verzehrfreigabe erteilen kann.“ Für die Beurteilung muss der Experte die Pilze nämlich oft mit allen Sinnen untersuchen. „Ein Mehlrätling riecht zum Beispiel deutlich nach Mehl und ist ein guter Speisepilz. Durch seinen Geruch kann ich ihn gut vom giftigen Weißen Trichterling unterscheiden“, erklärt er. Ein Foto allein reiche ihm da nicht aus.
Und auch, wer Herbrecht nur die Pilzkappe zeigt, riskiert die Entsorgung des Fundes. „Viele Schwammerl lassen sich nur durch ihren Stiel identifizieren“, sagt er. Stockschwämmchen können Gift-Häublingen oft täuschend ähnlich sehen – nur der Stiel sorge da für absolute Gewissheit. Auch die Stielbasis kann für den Pilzberater von Bedeutung sein. Daher lautet Herbrechts Rat: „Am besten schneidet man die Pilze im Wald nicht mit dem Messer ab, sondern fährt mit dem Finger ein Stück in den Boden und hebt sie an.“
Wird das Loch dann nach Entfernen der Frucht wieder leicht zugedrückt, nimmt das Pilzgeflecht im Boden keinen Schaden. „Sehr junge Fruchtkörper, die unter einem Zentimeter groß sind, sollte man stehen lassen – ebenso ältere Exemplare, damit sie noch aussporen können“, sagt Herbrecht. Verhaltensregeln wie diese sind dem Pilz-Experten zufolge sehr wichtig für das Ökosystem Wald. Besonders jetzt, da dort bis Oktober wieder viele Schwammerljäger unterwegs sein werden. „Um den Wald zu schonen, sollte man zudem nicht säckeweise Pilze ernten“, so Herbrecht. Zwei Kilogramm höchstens.
Für kundige Sammler, die ab und an ein Fachbuch zur Hand nehmen, um neue Sorten zu erkennen, hat der 60-jährige Pilz-Experte zudem einen entscheidenden Tipp: „Es ist wichtig, aktuelle Literatur zu verwenden: Viele Pilze galten jahrzehntelang als essbar, sind nach aktuellen Erkenntnissen aber giftig und nicht mehr zum Verzehr geeignet.“ Der Kahle Krempling etwa rufe eine heftige Autoimmunreaktion hervor – Herbrecht zufolge sei erst vorletztes Jahr wieder ein Mann an dessen Verzehr gestorben.
Besonders Laien-Sammler warnt Herbrecht, sich nicht nur auf Bücher zu verlassen und den Gang zur Beratung am Ende nicht zu scheuen. „Pilzgift ist hochkonzentriert. Und selbst Pilze, die nicht sofort töten, können gravierende Nierenschäden verursachen, was lebenslang Dialyse zur Folge hat.“