In den Ferien „droht“ die Sommerschule

von Redaktion

München – Einen Teil der Sommerferien in der Schule verbringen – manche Schüler in Bayern machen das. Denn nach Corona-Homeschooling und Unterrichtsausfall hängen sie hinterher. In der vom bayerischen Kultusministerium erdachten „Sommerschule“ sollen Schüler versäumten Lernstoff in den Ferien aufholen. Die Resonanz ist unterschiedlich, wie Schulen aus der Region berichten.

Das Gymnasium Bruckmühl bietet Angebote sogar über vier Wochen an, statt der vom Ministerium vorgesehenen zwei. Jeder Schüler kann freiwillig zehn Tage Nachhilfe à vier Stunden buchen, erklärt Direktor Walter Baier. „Die, die es am dringendsten bräuchten, kommen leider nicht“, sagt Baier, der auch Vorsitzender der Direktorenvereinigung der Bayerischen Gymnasien ist. Er schätzt, dass etwa zwei Drittel der Schüler Lücken aufweisen. Für die Sommerschule angemeldet hätten sich rund zehn Prozent seiner Schüler. Einige andere seien frustriert, schämten sich, etwa wegen ihres schlechten Ergebnisses bei den Lernstanderhebungen.

„Die Sommerferien werden kaum etwas bewirken“, fürchtet Baier. Er hofft vielmehr auf die Schuljahre danach. Mittlerweile steht für diese Zeit auch Geld zur Verfügung. Der Bund hat das Programm „Aufholen nach Corona“ aufgelegt, 158 Millionen Euro sollen davon nach Bayern fließen. Der Freistaat stockt laut Kultusministerium mit 52 Millionen Euro auf.

Doch das Nachhilfe-Personal ist ein großer Knackpunkt: Baier will nicht irgendwelche schulfremden Kräfte einstellen. Zwar gibt es beim Ministerium eine Vermittlerbörse, doch dort meldeten sich in erster Linie Personen ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung. Das Bruckmühler Gymnasium greift lieber auf eigene Abiturienten und Ehemalige zurück – und sucht weiter längerfristige Kräfte.

In der Grundschule Dachau-Ost können die jungen Schüler in den Ferien erst einmal Programme etwa in Deutsch oder Mathe belegen. „Die meisten Anmeldungen kommen von Erstklässlern. Denn die Schüler waren wegen Corona noch nicht lange in der Schule“, erklärt Rektorin Andrea Noha. Sie kontaktierte zahlreiche Eltern, um auf den Bedarf hinzuweisen. „Da gibt es äußerst selten Probleme, dass Eltern sagen: ,Das Kind geht da nicht hin‘.“ Für das neue Schuljahr könne sie erst planen, wenn die Zuteilung des Personals fix ist. Dann sollen Kurse nach Schulschluss stattfinden.

Die Realschule Miesbach hat mittlerweile den Wahlunterricht am Nachmittag in Förderunterricht umgewandelt – der soll nach September beibehalten werden. In den Ferien finden laut Schulleiter Thomas Kaspar zwei Wochen Unterricht in den Kernfächern sowie Aktionen wie Schwimmen und Reiten statt. Er ist froh, dafür 20 eigene Lehrkräfte motivieren zu können, die das als Mehrarbeit bezahlt bekommen. Er weiß aber: „Die Kinder, die Lernprogramme belegen sollten, sind Schüler, die sich auch während der Distanz zurückgehalten haben.“ Teils sei es schwierig, sie zu motivieren. „Für den Einstieg ins neue Schuljahr sind die Crashkurse sinnvoll“, meint Kaspar. Alle Lücken wegwischen ließen sich so aber nicht.

Helfen könnten Programme während der regulären Unterrichtszeiten. Jürgen Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands, schwärmt vom „leistungsdifferenzierten Lernen“. Während der Schulstunden sind zwei Lehrer im Raum. Einer unterrichtet zum Beispiel Englisch mit Schülern, die noch nicht so weit im Stoff sind, während der andere Lehrer mit den restlichen Kindern Aufgaben in Mathe durchgeht. Nach 45 Minuten wird getauscht.

Trotz der Herausforderung geben sich Rektoren weitgehend optimistisch, das Aufholprogramm zu schaffen. Mit der nötigen Entzerrung: „Innerhalb der nächsten Jahre muss Stoff gekürzt werden – peu à peu, wo es sich anbietet“, so Baier.

Und: „Wir müssen mit dem zusätzlichen Geld zusätzliche Lehrer anstellen. Wir müssen die Gruppen kleiner machen, dann können wir uns um die einzelnen Schüler besser kümmern.“ CINDY BODEN

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