Klimafreundlich und sozial

von Redaktion

Breites Bündnis fordert Mobilitätswende für Bayern

München – Bayern, das Autoland – diese Bezeichnung kann Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz, kaum noch hören. Zuletzt hatte Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung zum Klima davon gesprochen. Für Mergner zeigt dieser Satz vor allem, welchen niedrigen Stellenwert andere Mobilitätsformen in Bayern haben. Und er ist damit nicht allein. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Naturschützern und Sozialverbänden hat die Staatsregierung nun zu einer ökologisch-sozialen Verkehrswende im Freistaat aufgefordert.

„Die Mobilitätswende ist überfällig – um das Klima zu schützen und aus sozialen Gründen“, betont Nicole Schley, die Vorsitzende der AWO Bayern. „Wir sind zu sehr aufs Auto fixiert.“ Menschen mit geringem Einkommen können sich aber oft gar kein Auto leisten.

Ein gut ausgebauter, barrierefreier, aber auch erschwinglicher öffentlicher Personennah- und -fernverkehr sowie sichere Geh- und Radwege seien deshalb enorm wichtig. Besonders in ländlichen Regionen, wo in Bayern immerhin rund 56 Prozent der Bevölkerung leben. Viele von ihnen würden ohne Auto nicht in die Arbeit oder zum Einkaufen kommen, betont Schley.

„Die bayerische Staatsregierung hat in Sachen Verkehrswende die letzten Jahre leider komplett verschlafen“, betont Mergner. Bayern stelle aber seit zwölf Jahren den Bundesverkehrsminister und sei damit in einer besonderen Verantwortung. Die Mobilitätswirtschaft umfasse nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die Bahnindustrie, den öffentlichen Personennahverkehr oder den Fahrradhandel. „Wir brauchen nicht nur Autogipfel in der Staatskanzlei, sondern einen Mobilitätsdiskurs mit allen relevanten Partnern.“

Der IG-Metall-Landeschef Johann Horn fordert die Landespolitik auf, eine Mobilitätswende mit gezielten Investitionen in die regionale Industriepolitik zu begleiten, damit die Umstellung auf klimafreundliche Antriebe nicht auf Kosten von Arbeitsplätzen erfolge. Auch die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im ÖPNV müssten verbessert werden, fordert Luise Klemens, die Landesbezirksleiterin von Verdi Bayern. Bis 2030 würden dort rund 100 000 neue Mitarbeiter benötigt.

Ein Ziel der Mobilitätswende müsse die gesellschaftliche Teilhabe sein, betonte Ulrike Mascher, die Landesvorsitzende des VdK. „Bus und Bahn müssen endlich flächendeckend barrierefrei werden.“ Gerade auf dem Land brauche man Sharing-Angebote, die auch Menschen mit Behinderung oder Senioren mit Rollatoren nutzen können.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland ist einer der Bündnispartner. Die Verkehrswende sei ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Bewahrung der Schöpfung für nachfolgende Generationen, erklärte die Referentin für Fragen der Nachhaltigkeit der EKD. In den Parteiprogrammen vermissen die Bündnispartner konkrete Vorschläge, wie eine sozial- und klimaverträgliche Mobilitätswende gelingen kann. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl wollen sie Druck machen. „Es ist eher Viertel nach 12, als fünf vor 12“, sagte BN-Chef Mergner. Auch der Zusammenschluss der sehr unterschiedlichen Verbände soll ein Signal sein. „Wir müssen als Menschheit handeln“, betont AWO-Chefin Schley. Bayern müsse es schaffen, den Bedürfnissen aller Menschen gerecht zu werden.  kwo

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