München – Der bayerische Landtag kann nach einer gescheiterten Klage der AfD-Fraktion Mitglied in dem gegen Rechtsextremisten gerichteten „Bündnis für Toleranz“ bleiben. Der Verfassungsgerichtshof in München wies eine Klage der AfD gestern als unzulässig ab. Die Mitgliedschaft in dem Bündnis verletze nicht die Neutralitätspflicht des Staates.
Die Rechtspopulisten wollten den Landtag per Gerichtsurteil zwingen, das 2005 auf Initiative der evangelischen und der katholischen Kirche gegründete Toleranzbündnis zu verlassen, das gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eintritt. Die AfD-Abgeordneten argumentierten, dass diese Inhalte ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staats seien und das freie Mandat der Abgeordneten verletzten.
Damit erlitt die AfD vor dem Verfassungsgerichtshof in jeder Hinsicht Schiffbruch. Abgesehen davon, dass die Richter die Klage für nicht zulässig erklärten, hielten sie der AfD nicht schlüssige Argumente vor. Vertreter der AfD-Fraktion waren zur Urteilsverkündung gar nicht erschienen. Laut Urteil bedeutet das Gebot der parteipolitischen Neutralität für die Institutionen des Staates keineswegs, dass der Rechtsstaat keine ethischen Werte vertritt – im Gegenteil. „Die bayerische Verfassung ist weder wertneutral, noch will sie es sein“, sagte Peter Küspert, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs. Er hob insbesondere die Menschenwürde als elementaren Wert hervor: „Es ist nicht ersichtlich, wie durch die Unterstützung einer Vereinigung, die sich für unabänderliche Grundwerte der Bayerischen Verfassung wie das Demokratieprinzip und die Menschenwürde einsetzt, denen alle Verfassungsorgane verpflichtet und die als solche jeder parteipolitischen Disposition entzogen sind, das freie Mandat von Abgeordneten oder Oppositionsrechte verletzt werden könnten.“
Der Verfassungsgerichtshof ist derzeit noch in einem zweiten Fall mit einer Klage der AfD gegen den Landtag befasst. Die AfD will für sich die Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium erstreiten, das den bayerischen Verfassungsschutz überwacht. Die Entscheidung soll am 26. August verkündet werden.
Derzeit hat das Parlamentarische Kontrollgremium nur sechs statt der vorgesehenen sieben Mitglieder. Die AfD hat zwar gemessen an ihrer Fraktionsstärke ein Vorschlagsrecht, die übrigen fünf Fraktionen hatten die AfD-Kandidaten jedoch mehrfach durchfallen lassen, weil sie diese für nicht vertrauenswürdig halten. Der Anwalt der AfD-Fraktion argumentierte in der Verhandlung, dass die mehrfache Nichtwahl rechtswidrig sei. CSU, Freie Wähler, Grüne, SPD und FDP sollen demnach begründen müssen, warum sie die AfD-Kandidaten nicht wählen. Landtag, Staatsregierung und die fünf anderen Fraktionen hingegen sehen keine gegen die AfD gerichtete Willkür. Die AfD habe keinen Rechtsanspruch, dass ihre Kandidaten quasi automatisch gewählt werden müssten, sobald sie für das Kontrollgremium kandidieren. Es gebe ein Vorschlagsrecht – „kein irgendwie geartetes Bestimmungsrecht“, sagte dazu Tobias Reiß, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion. „Wahlen sind letztlich zu akzeptieren und nicht zu begründen“, sagte Landtags-Vizepräsident Thomas Gehring (Grüne). lby