Schongau – Vor 50 Jahren wurde es aus dem Schongauer Stadtmuseum gestohlen, nun kehrt es zurück: das originale Schongauer Henkersschwert. Der ehemalige Kreisheimatpfleger Helmut Schmidbauer rettete das wertvolle Stück und weiteres Diebesgut aus dem Nachlass eines Waffensammlers.
Schmidbauer und Schongaus Stadtarchivar Franz Grundner machten sich am Freitag auf den Weg zur Außenstelle des Landeskriminalamts in München. Dort konnten sie jenes Diebesgut in Empfang nehmen, das nach einem Diebeszug vor einem halben Jahrhundert nun wieder ins Museum zurückkehrt. Neben dem für Schongau besonders wertvollen Richtschwert der Stadt kommt eine Reihe weiterer entwendeter Gegenstände an seinen Platz, hauptsächlich Waffen: Reitersäbel, Stoßwaffen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, ein Degen, ein Bajonett.
Schmidbauer hat aufregende Wochen hinter sich. Ein ehemaliger Schüler, der bei ihm vor über 40 Jahren am Schongauer Gymnasium das Abitur machte, hatte ihn Anfang Juni kontaktiert, dass sich in der Waffensammlung seines verstorbenen Vaters das gestohlene Henkersschwert befinden könnte. Schmidbauer nahm mit der Witwe des Schongauers Kontakt auf und fuhr hin. „Das war, als hätte der Blitz eingeschlagen: Ich habe mit einem Blick erkannt, dass es sich um unser Schwert handelt.“ Die Familie des Waffensammlers war sich laut Schmidbauer einig: Wenn das wertvolle Stück dem Museum gehört, wird es zurückgegeben.
Schmidbauer nahm das Schwert an sich und informierte die Kriminalpolizei. „Keine zwei Stunden später saßen drei Kriminalbeamte im Museum und haben mich als Zeugen vernommen, eine hochpeinliche Situation.“ Der ehemalige Kreisheimatpfleger ein möglicher Hehler? Mitnichten, auch wenn er das erst seit Kurzem schriftlich hat, wie er scherzt.
Weil Schmidbauer beim Blick in die private Waffensammlung erkannt hatte, dass auch noch andere Stücke aus dem Museumsraub von 1971 darunter sein könnten, ging es gemeinsam mit der Kripo zum Fundort. „Die Witwe ist beinahe in Ohnmacht gefallen, die Kripo hat alles durchsucht.“ Kaum zu glauben: Nur zwei der insgesamt 15 Museumsstücke, die im Juli vor 50 Jahren gestohlen wurden, sind nicht wieder aufgetaucht: eine Madonna mit Jesuskind und der Heilige Leonhard, zwei große Holzplastiken aus dem 15. bzw. 16. Jahrhundert. Diese hatten wohl nicht in die Sammlung des Schongauer Waffenfreunds gepasst.
Die Staatsanwaltschaft München II stellte die Ermittlungen ein. Es habe keine Hinweise zu dem Verstorbenen auf eine Verstrickung mit einer Straftat gegeben. „Es konnte auch nicht mehr nachvollzogen werden, woher die Stücke stammen, es gab keine Unterlagen“, so ein LKA-Sprecher. Als Schmidbauer und Grundner mit ihren Schätzen aus München zurückkehrten, wartete schon Falk Sluyterman auf sie. Der Bürgermeister hat sich anstecken lassen von ihrer Begeisterung – und freut sich, dass das originale Henkersschwert bald wieder zu sehen sein wird. Das Museum plant mit den kunsthistorischen Gegenständen ab Oktober eine neue Abteilung „Justizgeschichte“.
Das Henkerssschwert, das wohl aus dem 16. oder 17. Jahrhundert stammt, verwendeten die Scharfrichter nicht nur, um Verurteilten den Kopf abzuschlagen, sondern auch sogenannte Spiegelstrafen zu vollziehen. Dieben schlug man eine Hand ab, Betrügern schlitzte man ein Ohr auf oder schnitt ihnen die Zunge ab. Entgegen vieler Erzählungen sind in Schongau und anderswo verurteilte „Hexen“ nicht verbrannt worden, sondern wurden vom Henker zunächst geköpft. Anschließend wurden ihre Leichen auf einem Scheiterhaufen verbrannt. ELKE ROBERT