Kirchheim – Abwechslung im Job – danach sehnte sich Gerhard Draxler schon lange. Jahr für Jahr schob er die Entscheidung vor sich her. „Corona war der Startschuss, den ich gebraucht habe“, sagt der 56-Jährige aus Kirchheim (Kreis München) und lehnt sich zufrieden in seinen Bürostuhl. Die Selbstsicherheit, die er an den Tag legt, lässt nicht vermuten, dass er seinen Job erst seit wenigen Monaten macht. „Ich habe jahrelang mit dem Gedanken gespielt, mal was anderes auszuprobieren“, erzählt er.
Mehr als acht Jahre arbeitete der gebürtige Erdinger beim Reisekonzern FTI und war als Bereichsleiter unter anderem für den Kundenservice und das Krisenmanagement zuständig. Dann kam das Coronavirus und stellte den Krisenmanager vor eine Mammutaufgabe. „Wegen der Pandemie mussten unzählige Kunden aus den Urlaubsregionen zurückgeholt und Reisen storniert werden. Ich habe Tag und Nacht gearbeitet“, erzählt er. Normalerweise bringt den sonst so positiv gestimmten Mann wenig aus der Fassung. Doch damals belastete ihn die Situation sehr.
Draxler beschloss, sich eine Auszeit zu nehmen, um Zeit zum Nachdenken zu haben. „Natürlich habe ich mich gefragt: War’s das jetzt? Die Tourismusbranche war ja schon immer eher unbeständig“, sagt er. Für Draxler war klar: Etwas Neues muss her. Also verabschiedete er sich von der Reisebranche und begab sich online auf die Suche nach einer neuen Stelle.
Die Gewofag, ein Wohnungsunternehmen der Stadt München, sprang ihm sofort ins Auge. „Ich wollte unbedingt etwas Sinnvolles machen“, sagt Draxler begeistert. „Bezahlbarer Wohnraum ist ein wichtiges Thema“, betont er vehement. Als er nur zwei Tage später die Einladung zum Vorstellungsgespräch bekam, freute er sich riesig. Kurz darauf stand fest: Gerhard Draxler wird der neue Bereichsleiter des Kundenmanagements bei der Gewofag. „Die Reiseunternehmen sind sehr service- und kundenorientiert. Genau damit kann ich nun auch die Immobilienbranche bereichern“, sagt Draxler stolz.
Der Kontakt zu Menschen hat für ihn Priorität. Auch wenn das Büro Corona-bedingt momentan sehr leer ist, hält er ständig Kontakt zu seinen Kunden und natürlich zu seinen Kollegen. Auch kleine Späße zwischendurch dürfen nicht fehlen.
Die beiden Stellen haben viel gemeinsam. Draxler will, dass sich die Menschen, mit denen er geschäftlich zu tun hat, wohlfühlen. Statt im Hotel, sorgt er nun eben für einen möglichst angenehmen Aufenthalt im eigenen Domizil. Er hilft, wo er kann, um kleine und große Krisen im Alltag zu bewältigen. Seine gelassene und herzliche Art kommt ihm dabei zugute.
Ein Zurück zur Reisebranche kann sich Gerhard Draxler erst mal nicht vorstellen. „Mir gefällt hier besonders, dass ich die Kunden nicht nur einmalig während einer Reise, sondern viel länger begleiten kann. Die Bindung ist viel enger“, sagt Draxler begeistert. „Zurückblickend habe ich also alles richtig gemacht.“ Er bereut seine Entscheidung nicht. Das ist ihm deutlich anzusehen. MERLE HUBERT