München – Kisten packen, Kartons schleppen, Durcheinander ertragen und ja nicht den Überblick verlieren. Jeder, der schon einen Umzug mitgemacht hat, weiß, wie anstrengend so ein Wohnungswechsel ist. Allein schon im Privaten. Wie groß ist dann bitte der Aufwand, wenn ein ganzes Theater umzieht? Christian Stückl, Chef des Volkstheaters, macht genau so einen Umzug derzeit mit – und wirkt trotzdem ganz entspannt. Theater mit dem Theater? Gibt es bei ihm nicht. Auch, wenn das Unterfangen riesig ist. „Das geht schon“, sagt Carsten Lück. Beim Technik-Chef des Volkstheaters laufen seit sechs Jahren alle Fäden zum Thema Neubau zusammen. Bei ihm wie auch bei Stückl ist die Freude über das Geschaffte und vor allem die Vorfreude auf das neue Domizil spürbar groß.
Am 15. Oktober steht die Eröffnung an der Tumblingerstraße an. Am alten Standort an der Brienner Straße werden derweil noch Umzugskisten gepackt. Die Requisite räumt als Letztes ihre vielen, vielen Utensilien und Kostüme zusammen. Extrem wichtig ist dabei, die Kisten richtig zu beschriften, damit alles im neuen Theater an die richtige Stelle kommt. „Wir können endlich alles an einem Standort unterbringen“, sagt Stückl erleichtert, als er neben den Kartons mit der Garderobe vom Erfolgsstück „Brandner Kaspar“ steht.
Klar, die 38 Jahre an der Brienner Straße will keiner missen. Aber: Dort war alles ein bisschen komplizierter. „Wir hatten Probebühnen am Nordbad und in der Zenettistraße. Unsere Bühnenbilder befanden sich in der Stadt verteilt in Containern. Pro Aufführung mussten wir immense Lieferwege auf uns nehmen“, erklärt der 59-jährige Oberammergauer. Im Neubau mit der roten Ziegelfassade, die sich gut ins Schlachthof-Viertel einfügt, ist in den vergangenen drei Jahren das modernste Theater Deutschlands entstanden. Herzstück: die Hauptbühne mit dem fast 30 Meter hohen Turm, der sich vom Keller über neun Stockwerke erstreckt. „Im Moment arbeiten wir noch an der Bühnentechnik“, erklärt Stückl. Und das Leuchten in seinen Augen lässt erahnen, dass die Hightech-Konstruktion ein Traum für jeden Regisseur ist. Warum? Neben und hinter der Hauptbühne befindet sich je ein Seitenraum, verdeckt durch eiserne Vorhänge. „Dort bereiten wir weitere Bühnensets vor, die dann im richtigen Moment auf das Hauptpodium gefahren werden“, erklärt Stückl begeistert. Noch etwa zwei Wochen werden laut Technik-Chef Lück die Arbeiten an der Bühne dauern. Dann geht es für das Team darum, sich an die neuen Möglichkeiten zu gewöhnen und die Abläufe einzuüben. Bis zur Eröffnung am 15. Oktober hängen statt der Plakate für die aktuellen Inszenierungen noch Porträts an der Hauswand. „Das sind unsere festen Ensemblemitglieder. Eigentlich sind es 22. Der Letzte ist leider zu spät dazugestoßen“, sagt Stückl und lacht. Das erste Programm im funkelnagelneuen Theater wird am 9. September vorgestellt, bereits Ende August ist die Theaterkasse wieder besetzt. Bis es losgehen kann, heißt es Endspurt auf der Baustelle. Angesichts der vergangenen drei Jahre und der enormen Arbeit schnauft Lück durch. „Das war schon enorm.“
Die Zahlen sprechen für sich: So flossen zum Beispiel 2900 Wagenladungen Beton in das neue Haus, wurden 5000 Meter Starkstromkabel verlegt. Es gibt 600 Türen, die Nutzfläche hat sich im Vergleich zum Vorgängerbau mit 11 200 Quadratmetern fast verdoppelt, insgesamt umfasst das neue Theater knapp 26 000 Quadratmeter. Wie man eine solche Fläche einigermaßen organisiert bezieht? „Wir haben uns Hilfe geholt“, verrät Lück. Mit den Umzugsprofis ging es gut organisiert voran. Karton für Karton. Stück für Stück.